Sie war ein Publikumsrenner, eine sensationelle Schau zu "Körper und Gesundheit ". Als die Düsseldorfer GeSoLei am 15. Oktober 1926 zu Ende ging, hatten acht Millionen Menschen neues nationales Körpergefühl genossen.
Der Mensch ist von Natur aus schön. Und wenn er´s nicht ist, dann muss er was tun.
Unsere Ahnen haben in solchen Fällen zu Puderdöschen gegriffen, zu Haarteil und Korsett. Heute reichen derartige Maßnahmen bei weitem nicht mehr aus; wer schön sein will, muss unters Skalpell oder - ins Fitnesscenter. Dort kann er sich von schnöseligen Jung-Trainern herumkommandieren lassen und auf Foltergeräten stundenlang dieselben Bewegungen ausführen, vor flackernden Bildschirmen oder zu dröhnender Musik.
Neues Körperideal ...
Und dabei hatte alles mal so schön angefangen. Nämlich mit der GeSoLei.
So hieß eine Ausstellung in Düsseldorf im Jahre 1926, die den menschlichen Körper in all seinen Facetten in den Mittelpunkt stellte. Der sperrige Titel GeSoLei ist die Abkürzung von "GEsundheit, SOziale Fürsorge und LEIbesübungen".
Das klingt nicht gerade verlockend. Die Abkürzung ist aber auch nicht schöner. Um sie beim Volk publik zu machen, gaben die Veranstalter einen Schlager in Auftrag mit dem schönen Namen "Der GeSoLei-Kuss", den sie auch auf Postkarten drucken ließen. Das Lied gab dem Kürzel eine völlig andere und recht einprägsame Bedeutung, im Refrain hieß es nämlich "Geh - so leih mir doch dein Mündchen".
Erstaunlicherweise wurde die GeSoLei trotzdem ein sensationeller Erfolg. Acht Millionen Menschen besuchten zwischen Anfang Mai und dem letzten Öffnungstag am 15. Oktober 1926 das riesige Ausstellungsgelände am Düsseldorfer Rheinufer. Viele der eigens dort errichteten Bauwerke existieren heute noch: die Tonhalle etwa, die damals als Mehrzweckhalle samt Planetarium errichtet wurde, oder die Rheinterrassen.
Hunderte von Ausstellern präsentierten bei der GeSoLei auf 400.000 Quadratmetern alles, was auch nur im Entferntesten mit "Körper und Gesundheit" zu tun hatte - von der Planung und dem Bau einer Stadtkanalisation über Leibesertüchtigung bis hin zur Herstellung von Prothesen. Die spielten damals in Deutschland eine große Rolle; schließlich lag das Ende des ersten Weltkrieges erst acht Jahre zurück.
Die Düsseldorfer Schau sollte nun zeigen, dass man endlich dabei war, sich von den Kriegsfolgen zu erholen. Und - dass die Nation eine neue Richtung eingeschlagen hatte. Deutsch, das war nicht mehr Pickelhaube und Adelsdünkel, deutsch sein hieß jetzt sportlich sein, gesund und schön. Auf der GeSoLei wurde ein neues nationales Körperideal propagiert und vom Publikum begeistert angenommen. Wo die Reise enden sollte, die mit den zunächst eher unverfänglichen Begriffen "Volksgesundheit“ und "Körperertüchtigung" begann, das wusste damals noch keiner.
... und üppige Realität
Und tatsächlich herrschte damals, 1926, noch ein ganz anderer Geist als 10 Jahre später. Das zeigte sich unter anderem am Zulauf zur Ausstellung "Kunst und Sport". Sie bildete den Höhepunkt der GeSoLei und fand in der - ebenfalls eigens errichteten - Ehrenhalle statt. Gemälde von Auguste Renoir, Robert Delaunay oder Henri Rousseau zeigten den Menschen in seiner ganzen Schönheit. Und zwar in einer sehr individuellen und oft recht weichen Schönheit; einer Schönheit, die -
wie selbst wohlmeinende Anhänger von Leibesübungen zugeben mussten - wohl kaum auf sportliche Betätigung zurückzuführen war. Denn wenn die hier Portraitierten ihrer Schönheit überhaupt hatten nachhelfen müssen, dann höchstens mit den traditionellen Mitteln: mit Puder, einem Haarteil oder dem Korsett.