Verheiraten, adoptieren, absägen: Kaiser Augustus musste zahlreiche Stammbäume korrigieren, bis er endlich einen Thronerben gefunden hatte. Doch mit der Lösung vom 26. Juni 4 war er alles andere als glücklich.
Die Weltgeschichte mit ihren grimmigen Feldherren und wahnsinnigen Giftmörderinnen könnte so spannend sein - wären da nur nicht immer diese nacheinander und gegeneinander regierenden Dynastien und Herrscherfamilien mit ihren ewig gleich klingenden Namen. Fangen wir in Bayern an, bei den Wittelsbachern, bei Kurfürst Max IV. Joseph, aus dem 1806 verwirrenderweise König Max I. Joseph wurde; seine Kinder hießen Auguste Ludovika Amalia, Amalia Marie Auguste, Charlotte Auguste Karoline, Ludovika Wilhelmine - verheiratet mit einem Herzog Max Joseph -, Maximiliane Josepha Karoline ...
alles klar?
Thronfolger dringend gesucht
So gestählt, wagen wir uns weiter zurück, an die ehrwürdige Geschichte der römischen Kaiser - und sehen zugleich, dass es dort noch schlimmer zugeht, weil: Schlimmer als Nachfahren, die alle den gleichen Namen haben, sind:
keine Nachfahren. Um der jeweiligen Dynastie die Herrschaft zu erhalten, werden Scheidungen und neue Heiraten am laufenden Band arrangiert, Adoptionen bewerkstelligt, Testamente geschrieben und geändert, beutelüsterne Erben beseitigt, dass es gerade so kracht.
Um das Jahr 25 vor Christus nagt der Kummer an Augustus, dem Sieger über Gallier und Parther: Seine drei hintereinander geschlossenen Ehen sind kinderlos, besser gesagt, söhnelos geblieben, und er fürchtet, dass ihn keiner aus der eigenen Sippe beerben wird, was für einen richtigen Römer das Allerentsetzlichste ist.
Zum Glück gibt es einen Neffen namens Marcellus, den er zum Nachfolger aufbaut und mit seiner Tochter aus zweiter Ehe verheiratet, der vierzehnjährigen kapriziösen Julia. Doch kurz vor der geplanten Adoption stirbt Marcellus.
Die Witwe Julia bekommt kurzerhand Augustus´ alten Kampfgefährten Agrippa zum Mann, der ist wegen der Bevorzugung des Marcellus ohnehin stinksauer gewesen. Die beiden setzen zwei Enkel in die Welt, Gaius und Lucius, die der Kaiser sofort adoptiert und wie seine Söhne hütet. Augustus könnte jetzt aufatmen, doch die Götter meinen es nicht gut mit ihm:
Auf dem Weg nach Spanien, wo er dem Heer als künftiger Kaiser präsentiert werden soll, stirbt Lucius im Jahre zwei nach Christus neunzehnjährig. Dann ereilt seinen Bruder Gaius auf einem unbedeutenden Feldzug in Armenien dasselbe Schicksal. Jetzt ist Kaiser Augustus sechzig Jahre alt und in voller Panik. Blitzschnell zaubert er den nächsten Erben aus dem Zylinder, pardon, der war ja noch nicht erfunden, also aus der Toga: er heißt Tiberius, ist der Sohn seiner dritten Frau, und Augustus hält wenig bis gar nichts von ihm. Aber was soll´s:
Am 26. Juni des Jahres vier unserer Zeitrechnung wird Tiberius von Augustus adoptiert und gleichzeitig gezwungen, seinerseits seinen Neffen Germanicus zu adoptieren, um der Familie die Kaiserwürde über seinen Tod hinaus zu sichern.
Allerletzter Ersatzkandidat
Zehn Jahre später wurde Tiberius, der allerletzte Ersatzkandidat, tatsächlich Kaiser. Sie mochten ihn nicht, die Römer, wegen seines mürrischen Wesens und seiner Eiterbeulen, und die Senatoren erst recht nicht. Dabei war er einer von Roms besten Kaisern. Lediglich im Alter wurde er bitter und rachsüchtig. Als er nach 23 Jahren Regentschaft anno 37 starb, hatte sich sein Nachfolger Caligula schon in Stellung gebracht, natürlich nachdem wie immer etliche Konkurrenten eingekerkert, vergiftet oder anderweitig umgebracht worden waren. Wie die hießen? Also jetzt ist wirklich Schluss. Das nächste Mal lieber wieder die Wittelsbacher.