Am 2. Januar 2004 sammelt die NASA-Raumsonde Stardust vom Kometen Wilde 2 Staub auf und bringt ihn zur Erde zurück. Unter dem Mikroskop entdecken die Forscher eine Überraschung.
"Wir sind alle Sternenkinder." Gut, das klingt jetzt ein bisschen poetisch, was Astrophysiker da verkünden, und irgendwie wissen wir es ja auch schon. Woher sollten wir auch sonst kommen, mal nüchtern betrachtet. Es sei denn, wir bemühen damit den lieben Gott und schicken ihn zum Töpfern. Aber für solche Drecksarbeit dürfte er kaum zu haben gewesen sein und deswegen hat er die Sache an das Universum delegiert; und das hat das Leben auch ohne ihn ganz gut hingekriegt.
Eine etwas schrundige, angebissene Kartoffel
Wie das im Einzelnen zugegangen ist, dazu muss man einen ziemlichen Aufwand treiben, denn die Geschichte des Lebens ist einigermaßen kompliziert. Man muss zum Beispiel eine Raumsonde ausrüsten und auf eine lange Reise schicken, auf eine 4,6 Milliarden Kilometer lange, um genau zu sein. Nennen wir die Sonde Stardust, Sternenstaub. Stardust ist dann sieben Jahre unterwegs und trifft auf den Kometen Wilde 2, einen Brocken, der nur gut fünf Kilometer groß ist und aussieht wie eine etwas schrundige, angebissene Kartoffel.
Es ist der 2. Januar 2004; Stardust klappt ein Gitter aus, das wie ein Tennisschläger aussieht. Jetzt taucht die Sonde mit 29.000 Stundenkilometern direkt in den Schweif hinter Wilde 2 ein. Der Tennisschläger ist bespannt mit einem speziellen Gel, und daran bleiben Tausende winziger Staubteilchen kleben wie Mücken an der Windschutzscheibe. Der Kometenschweif ist nämlich nichts Anderes als eine Wolke von Staub, den der Komet hinter sich lässt und der - auf Zehntausenden Kilometern Länge - in der Nähe der Sonne aufleuchtet.
Nach wenigen Augenblicken ist die Passage vorbei, Stardust verstaut den vollgesprenkelten Tennisschläger wieder und macht sich auf den weiten Rückweg. Ziemlich genau zwei Jahre später - 2006 - schwebt die Sonde an einem Fallschirm auf die US-amerikanische Wüste von Utah nieder. Die Wissenschaftler, die das Gerät einholen, sind natürlich mehr als gespannt, ob Stardust bei Wilde 2 tatsächlich etwas eingesammelt hat. Sie hat, aber man muss genau hinschauen. Es sind vielleicht tausend Staubkörnchen, jedes nur Tausendstel Millimeter groß.
Wie kommen organische Moleküle ins All?
Trotzdem: Die ganze Mission ist schon einigermaßen spektakulär. Lassen wir mal die Meteoriten kurz außer Acht, die jährlich tonnenweise Material aus dem All auf der Erde deponieren. Das letzte eigens eingesammelte kosmische Material war Mondgestein: Mitgebracht hatten es Apollo-Astronauten in den Siebziger Jahren. Jetzt, 2006, nach 30 Jahren also Stardust. Dieser Staub kommt von viel weiter weg, er ist wie der Komet selbst beim Entstehen des Planetensystems übrig geblieben, also garantiert viereinhalb Milliarden Jahre alt und seither unberührt. Deswegen wollen ihn die Wissenschaftler auch mal in der Hand beziehungsweise unters Mikroskop halten.
Damit sind wir wieder beim Leben. Es sind darin nämlich Spuren einer Aminosäure namens Glycin aufgetaucht. Aminosäuren gehören zu den chemischen Bausteinen des Lebens. Glycin, das ist in Haut und Knochen, Bindegewebe und Zähnen enthalten. Was aber haben solche Aminosäuren im All zu suchen? Millionen von Kilometern von der Erde entfernt? Wie sind sie dahin geraten? Die Antwort ist: Umgekehrt wird ein Schuh draus. Organische Moleküle treiben sich in der ganzen Milchstraße herum. Sie rotten sich in riesigen Staubwolken zusammen und verbacken zu Sternen und Planeten. Aminosäuren hat man auch in Meteoriten entdeckt, die von fern auf die Erde kommen.