"Oh, wie schön ist Panama" - am 15. März 1878 erschien Janoschs Kinderbuch, gerade rechtzeitig, denn ein neues Ideal beginnt sich in der Pädagogik durchzusetzen: Angstmachen gilt nicht mehr!
"Es waren einmal ein kleiner Bär und ein kleiner Tiger, die lebten unten am Fluss. Dort wo der Rauch aufsteigt, neben dem großen Baum. Und sie hatten auch ein Boot."
Das gewisse Etwas
So fängt es an, eines der berühmtesten Kinderbücher der letzten Jahrzehnte. Eigentlich ziemlich harmlos. Eigentlich. Denn diese Geschichte mit "kleiner Bär" und "kleiner Tiger" hat das gewisse Etwas. Das, was einige aus dem süßlichen Dickicht unzähliger Kinderbücher heraus hebt. Hier ist es eine besondere Haltung: Die ganze Geschichte atmet den Geist der Freiheit. Freiheit von Angst, und das war auch in den Kinderzimmern der Siebziger Jahre noch keine Selbstverständlichkeit.
Als das Bilderbuch "Oh, wie schön ist Panama" im Handel erschien, am 15. März 1978, da wurden die Ideen der 68er-Generation in Deutschland gerade mal salonfähig: So langsam galt Kindererziehung mit Angstmachen nicht mehr. Nicht mehr in der Schule, nicht mehr in der Familie und nicht mehr in den Kindergeschichten. Selbst "Grimms Märchen" wurden in den Siebzigern wegen ihrer angstmachenden Grausamkeit aus vielen Kinderzimmern verbannt.
Und auf Angstmache reagierte auch der Autor von "Oh, wie schön ist Panama" allergisch: Horst Eckert, berühmt als "Janosch". Ein Spitzname aus seiner Schulzeit, die aber eher grausam als lustig war und das Gegenteil von angstfrei:
Janosch ist in Polen aufgewachsen, in der Nazi-Zeit. Mit einem saufenden und prügelnden Vater und in einem katholischen Milieu, das er für sein Unglück hält. "Die ersten Jahre meines Lebens waren die totale Zerstörung meiner Person!", hat er mal im Interview gesagt. Hart ging es auch in seiner Jugend weiter: Mit 15 Jahren kam er in den Westen und hat in der Industrie gearbeitet.
Später ging er nach München, um Kunst zu studieren, wurde aber an der Akademie der Bildenden Künste gleich mehrmals in der Probezeit abgelehnt. Erst als Illustrator von Kindergeschichten und später auch als Autor konnte er Freiheit und Anarchie regieren lassen.
Zauseliges Paradies
Klassenkampf-Literatur ist dabei nicht heraus gekommen. Zum Glück. Vor allem für ihn. Sonst wären seine mehr als 300 Bücher kaum in 40 Sprachen übersetzt worden. Und die vielen Zeichentrickfilme, das Theaterstück und den Kinofilm um "kleiner Tiger" und "kleiner Bär" gäbe es vermutlich auch nicht. Und den renommierten Jugendliteraturpreis für das beste Bilderbuch des Jahres hätte er für "Oh wie schön ist Panama" sonst auch nicht bekommen.
Was sich Janosch in dieser Geschichte ausgedacht und in warmen Farben gemalt hat, das ist im Grunde nichts weniger als ein Paradies. Ein herrlich zauseliges Paradies, in dem kleine Büschel aus Zwiebeln von der Zimmerdecke hängen, die Tigerente herumsteht und der Duft einer Holzkiste die große Suche nach dem Land "Panama" auslösen kann.
Und die Helden, "kleiner Bär" und "kleiner Tiger", sehen aus wie knuffige Kuscheltiere, reden unvoreingenommen wie Kinder und wagen wildentschlossen Unternehmungen, die meistens in schöner Sinnlosigkeit enden. Kurz: beste Kinderbuch-Poesie, wenn die Helden am Ende ihr eigenes Zuhause für Panama halten und dabei hochbegeistert sind:
"Du meinst, dann hätten sie doch gleich zu Hause bleiben können?
Du meinst, dann hätten sie sich den weiten Weg gespart?