Ein Sprengstoff, getarnt als Cognac-Kiste, hätte Hitler in seinem Flugzeug töten sollen. Am 13. März 1943 schmuggelte Fabian von Schlabrendorff das brisante Paket an Bord. Dann kam alles anders, als geplant.
Er muss ein überaus kaltblütiger Mensch gewesen sein und zugleich ein leidenschaftlicher Idealist: Kaltblütig deshalb, weil er es fertig brachte, ein als Cognac-Kiste getarntes Sprengstoffpaket in Hitlers Flugzeug zu schmuggeln - und das Päckchen am nächsten Tag wieder auszutauschen, als der Sprengsatz nicht explodiert war. Ein leidenschaftlicher Idealist und Patriot deshalb, weil er im Kampf gegen das nationalsozialistische Terrorregime keine Kompromisse einzugehen bereit war und nach Kriegsende erklärte: „Es gibt eben Zeiten, in denen muss, um das Recht wiederherzustellen, das Gesetz gebrochen werden.“
Tanzender Derwisch
Fabian von Schlabrendorff, geboren 1907, stammte aus uraltem pommerschem Adel und wuchs in Halle an der Saale auf. Er studierte Jura und arbeitete nach seiner Promotion als Assistent für einen anderen berühmten Adelsspross: Otto Fürst von Bismarck, Enkel des „eisernen Kanzlers“, der damals Staatssekretär im preußischen Innenministerium war. Das pöbelhafte Auftreten der Nazis mit ihrer Vorliebe für Straßenschlachten war den beiden erzkonservativen Juristen von Anfang an zuwider.
Spätestens 1942 entschied sich Schlabrendorff für den aktiven Widerstand: Als Leutnant der Reserve war er Adjutant seines Vetters Henning von Tresckow geworden, der zu den führenden Köpfen der militärischen Opposition gehörte, seit er von den Judenerschießungen durch die SS an der Ostfront und von den Zuständen in den Konzentrationslagern erfahren hatte. „Hitler ist ein tanzender Derwisch“, erregte sich Tresckow schon 1938, „man muss ihn totschießen.“ Vier Jahre später in den Generalstab der Heeresgruppe Mitte berufen, hatte er Zugang zum innersten Führungszirkel der Wehrmacht und entwarf mehrere Attentatspläne, um den „größten Verbrecher aller Zeiten“ – so Tresckow über Hitler - zu beseitigen.
Auch der als Cognaclieferung getarnte Sprengstoff war seine Idee gewesen. Sein Adjutant Schlabrendorff schmuggelte das brisante Päckchen am 13. März 1943 an Bord von Hitlers „Condor“, als dieser von einer Frontbesichtigung in sein ostpreußisches Hauptquartier zurückfliegen wollte. Schlabrendorff aktivierte selbst den Zünder. Nach dreißig Minuten hätte das Flugzeug abstürzen müssen.
Unverschämtes Glück
Doch der „Führer“ hatte wie so oft unverschämtes Glück: Weil es im Frachtraum eiskalt war, explodierte der Sprengsatz nicht. Schlabrendorff flog am nächsten Morgen mit einem Kurierflugzeug nach Ostpreußen, gelangte unter einem Vorwand in die Maschine und tauschte den ungeöffneten vermeintlichen Cognac aus. Als er wieder allein war, öffnete er das Päckchen vorsichtig mit einer Rasierklinge: Der Schlagbolzen hatte zwar die Zündkapsel getroffen, das Zündhütchen war verbrannt, aber der Sprengstoff war nicht detoniert.
Nach dem 20. Juli 1944 flog der ganze Verschwörer-Ring auf. Fabian von Schlabrendorff wurde verhaftet, in das Berliner Gestapo-Gefängnis gebracht und mehrfach gefoltert. Er verriet keine Silbe über Putschpläne und Mitverschwörer. Im Februar 1945 sollte der Prozess vor dem Volksgerichtshof beginnen. Doch eine amerikanische Bombe verwüstete das Gerichtsgebäude; der berüchtigte Blutrichter Roland Freisler wurde der Legende nach von einem herabstürzenden Balken erschlagen, Schlabrendorffs Akte in den Händen.