Nur wenige Jahre nach seiner Eröffnung musste der Münchner Tierpark Hellabrunn schon wieder schließen. Schuld waren der Erste Weltkrieg, der Hunger und ein pompöses Elefantenhaus. Am 23. Mai 1928 wurde er wiedereröffnet.
Es sollte etwas ganz Besonderes werden, "Klotzen nicht Kleckern" war die Devise.
Deshalb beauftragte man den einheimischen Star-Architekten Emanuel von Seidl mit dem Bau des Elefantenhauses für den neuen zoologischen Garten in München. Der war gerade erst im Sommer 1911 eröffnet worden.
Hohe Schulden wegen der Elefanten
Emanuel von Seidl plante einen Palast im orientalisch-byzantinischen Stil mit einer riesigen Kuppel. Dort zogen bald ein Nilpferd und ein indischer und ein afrikanischer Elefant ein. Mit fast 300.000 Mark Baukosten hatte sich der Trägerverein für das sogenannte Dickhäuterhaus enorm verschuldet. Aber man rechnete mit steigenden Besucherzahlen und ebensolchen Einnahmen. Schließlich war der Münchner Tierpark Hellabrunn der modernste der Welt und einer der größten noch dazu: während die Besucher in anderen Zoos vor allem wissenschaftlich belehrt werden sollten, über die Arten und Rassen, die sich meist als Einzelexemplare fein säuberlich sortiert in engen Gehegen drängten, bekam das Publikum in Hellabrunn Gottes Schöpfung in möglichst natürlicher Umgebung präsentiert: ganze Herden und Rudel in großzügigen Anlagen, ohne trennende Gitterstäbe. Die städtischen Honoratioren waren stolz auf ihr von Menschenhand geschaffenes Tier-Paradies.
Löwe spurlos verschwunden
Dann begannen der erste Weltkrieg und die wirtschaftlichen Widrigkeiten: Die Besucherzahlen sanken drastisch, ein Großteil der Tierpfleger wurde eingezogen für Kaiser und Vaterland, die Futterversorgung wurde schwierig. Aus Mangel an Seefisch mussten Seelöwen und Pinguine mit gesalzenem Flussfisch vorlieb nehmen. Als Brot- und Hundekuchenlieferungen beschlagnahmt wurden, verbuk man die letzten Mehlreste mit Kleie und Rübenmelasse zu einer Art Brotersatz. Etliche Tiere überlebten die Nahrungsumstellung nicht. Wegen der Kohleknappheit konnten viele Tierhäuser außerdem nicht mehr geheizt werden: Affen, Raubtiere und exotische Vögel fanden im bis zuletzt geheizten Elefantenhaus ein warmes Asyl. Nur ein Löwe war irgendwie abhandengekommen und tauchte auch nicht wieder auf. Womöglich fiel der ein oder andere Zoobewohner auch der hungernden Münchner Bevölkerung zum Opfer.
Dass der Tierpark ein paar Jahre später pleiteging, lag aber nicht am Krieg allein und den schlechten Zeiten danach, sondern vor allem an den immer noch unglaublich hohen Schulden für das pompöse Elefantenhaus. Der Trägerverein hatte zu riskant kalkuliert und konnte die Kredite irgendwann nicht mehr bedienen. Und so war die Geschichte des Münchner Tierparks gute zehn Jahre nach seiner Eröffnung zunächst schon wieder zu Ende. Zum Ärger der Münchner wurde ein Großteil der lebenden Konkursmasse an die fränkische Konkurrenz, den Nürnberger Tiergarten verkauft.
Dann fiel das verwaiste Zoogelände in einen Dornröschen-Schlaf: Vor dem Affenfelsen weideten die Ziegen, auf der Löwenterrasse wucherte der Sauerampfer, und im ehemaligen Dickhäuterhaus stellten Künstler ihre Staffeleien auf.