Die ersten Männer, die den Nonstop-Flug über den Atlantik schafften, waren John Alcock und Arthur Witten-Brown. Am 14. Juni 1919 starteten die beiden zu ihrem halsbrecherischen Unternehmen.
Einen Langstreckenflug überlebt man heute nur, wenn man zehn Zeitschriften, Nackenstütze, Glücksteddy gegen Bruchlandung und - ganz wichtig wegen der Thrombosegefahr - Stützstrümpfe dabei hat! Die größte Herausforderung für den Passagier sind Luftturbulenzen. Je nach Temperament kann man diese mit zugekniffenen Augen ertragen, oder mit lautem Aufjauchzen und überschwappendem Tomatensaft feiern. Meckern über mangelnden Sitzkomfort gehört ebenfalls zu einer gelungenen Flugreise. Versierte Vielflieger halten sich zudem an folgende Bordetikette: Plötzliche Heulkrämpfe bei Start und Luftturbulenzen sind durchaus erlaubt und zeugen von einem sensiblen Gemüt. Absolutes "No-Go" dagegen: das Applaudieren bei der Landung. Man outet sich damit als provinziell und leicht zu beeindrucken.
Antriebsmotor: Arbeitslosigkeit
Dabei wäre es angebracht, zumindest denen Applaus zu zollen, denen wir die Errungenschaft der modernen Verkehrsluftfahrt zu verdanken haben. Das sind nicht nur Ingenieure, sondern auch unerschrockene junge Männer wie die Briten John Alcock und Arthur Witten-Brown. Ihnen gelang noch vor Charles Lindbergh der erste Nonstop-Flug über den Atlantik. Der Motor, der sie antrieb war vor allem: Arbeitslosigkeit. Während des Ersten Weltkriegs hatte Alcock als Militärpilot gedient. Nun war der Krieg aus, und der 27-Jährige musste sich was Neues suchen. Doch wer einmal den Höhenrausch im Cockpit erlebt hat, kann einem Bürojob nichts mehr abgewinnen. Alcocks Traum: der Aufbau einer Verkehrsfluglinie! Bisher waren Flugzeuge vor allem zu militärischen Zwecken eingesetzt worden. Jetzt wo der Krieg aus war, steckten sowohl Piloten, als auch Flugzeugfabrikanten tief in der Krise.
1918 schrieb die Zeitung "Daily Mail" einen Preis von 10.000 Pfund aus, für diejenigen, denen es als erste gelänge, den Atlantik im Nonstop-Flug zu überqueren. Alcock war sofort dabei! In dem 33-jährigen Arthur Witten-Brown fand er den perfekten Navigator. Witten-Brown war im Ersten Weltkrieg Offizier gewesen und stand nun ebenfalls ohne Job da.
Ohne Toilette und Stützstrümpfe
Zusammen mit einigen anderen Konkurrenten, stationierten sich die beiden Männer auf der Insel Neufundland. Von dort aus sollte es über den Atlantik gehen. Ziel: die irische Westküste! Lindbergh würde acht Jahre später als erster Alleinflieger eine längere Strecke zurücklegen, aber dafür hatte er auch bereits ein viel besseres Flugzeug. Die Bomber des Ersten Weltkriegs waren nicht für lange Strecken geeignet. Alcock und Witten-Brown mussten ihre alte Maschine erst auf Vordermann bringen. Sitzkomfort war dabei kein Thema. Manche Konkurrenten entfernten sogar die Rückenlehne, um Platz für zusätzliche Benzintanks zu schaffen.
Am 14. Juni 1919 starteten Alcock und Witten-Brown ohne Stützstrümpfe, aber mit viel Pioniergeist, den ersten Non-Stopp-Flug über den Atlantik. Luftturbulenzen gab es reichlich. Während heutige Jetsetter nur strauchelnd die Bordtoilette erreichen, kletterte Witten-Brown während des Fluges in 3.000 Metern Höhe fünfmal auf die Tragflächen des Doppeldeckers, um die Eisklumpen vom Vergaser abzuschlagen.