Goldrausch am Klondike - am 15. Juni 1897 hatte die fast mittellose Belinda Mulrooney Dawson City erreicht, das elende Zeltlager der Glückssucher. Bald darauf war sie die Queen unter den Klondike-Kings.
Am Klondike, im Nordwesten Kanadas: Gold! Drei Männer und eine Frau finden Gold in dicken Klumpen. Es ist das Jahr 1896, der letzte große Goldrausch beginnt. Belinda Mulrooney ist unter den ersten, die sich über das vereiste Küstengebirge kämpfen.
Nur ein Ziel
Mühsam schaffen sie ihr Gepäck voran, gehen jede Etappe an die 30 Mal. Dann fahren sie mit improvisierten Booten 800 Kilometer weit den Yukon hinunter, durch Strudel und über Felsbänke. Viele geben auf - Belinda nicht. Am 15. Juni 1897 erreicht sie das Zeltlager am Klondike, das sich "Dawson City" nennt. Sie wirft ihre letzte Münze ins Wasser und sagt: Wir fangen ganz neu an.
Fünfundzwanzig ist sie, und es ist nicht ihr erster Neuanfang. Aufgewachsen in Irland und im Kohlerevier von Pennsylvania, hat sie nur ein Ziel: raus aus der Armut. Sie wird Kindermädchen, dann fährt sie mit ihrem Sparstrumpf zur Weltausstellung in Chicago und eröffnet ein Restaurant. Den Gewinn steckt sie in ein Haus in San Francisco - kaum fertig, brennt es ab.
Wieder ohne einen Cent, heuert sie als Schiffsstewardess an, übernimmt dann einen Laden in Juneau, Alaska. Da bringt ein Postkurier die Neuigkeit vom Klondike, und ganz Juneau stürmt los, als der Rest der Welt noch gar nichts ahnt.
Zu spät sind sie dennoch, Goldsucher vom Yukon haben die Claims schon besetzt. Aber Belinda Mulrooney hat ein Startkapital: Seidendessous. Frauen, die seit Jahren in der Wildnis hausen, reißen sie ihr aus der Hand und zahlen jeden Preis. Sie macht eine Garküche auf und stellt Männer an, um Blockhütten zu bauen. Sie gehen weg wie warme Semmeln.
Dann eröffnet sie einen Saloon mitten in den Claims, wo sich die Goldgräber bei minus 40 Grad in den Permafrostboden wühlen.
Sie verkauft ihnen auch Lebensmittel und Holz von ihrer eigenen Sägemühle, alles auf Kredit, gegen Anteile an den Claims. Mit der Schneeschmelze wird im Frühjahr das Gold aus der ausgehobenen Erde gewaschen, über zehn Millionen Dollar - und Belinda kassiert.
Verhängnis mit Ziegenlederhandschuhen
1898 fallen zehntausende neue Glücksjäger in Dawson ein. Aus einem Meer von Zelten und Hütten ragt das "Fairview Hotel" auf: drei Stockwerke hoch, mit Mahagoni-Tresen, Tanzorchester und elegantem Speisesaal. Es gehört Miss Mulrooney. Jetzt besitzt sie auch eigene Minen, beschäftigt Dutzende Arbeiter, benutzt als erste eine Grubenbahn und Dampfdüsen, um die Erde aufzutauen.
Mit siebenundzwanzig ist Belinda Mulrooney die Queen unter den "Klondike Kings", und jeder Cent ist selbstverdient. Aber sie fühlt sich einsam. Und so naht das Verhängnis in Gestalt eines französischen Grafen mit cremefarbenen Ziegenlederhandschuhen. In Wahrheit ist er ein Friseur aus Montreal, aber Belinda heiratet ihn trotzdem und investiert in seine grandiosen Geschäftsideen. Doch als er zwei Ozeandampfer kauft, gerät ihre Ehe in eine Krise.
Da ist sie schon pleite. Ihr Gatte brennt mit ihrem Schmuck durch, und was noch übrig ist, wird gepfändet, weil es nach dem Gesetz dem Ehemann gehört.
Belinda Mulrooney fängt noch einmal an. Mit einer Bank in Alaska macht sie wieder ein Vermögen und setzt sich auf einer Apfelfarm in Washington zur Ruhe. Doch in der Wirtschaftskrise nach dem Ersten Weltkrieg muss sie ihr Land verkaufen. Sie bringt sich als Näherin durch die Große Depression und schuftet mit über 70 Jahren noch in einer Schiffswerft.