Der Kunst-Laie ist selbst schuld, wenn er sich Fälschungen andrehen lässt. Das fand jedenfalls Carl Wilhelm Becker und versorgte hoch- und vermögende Leute mit gefälschten antiken Münzen. Am 28. Juni 1772 wurde er geboren.
Carl Wilhelm Becker, ein Mann mit Manieren, Beherrscher mehrerer Sprachen, darunter Altgriechisch und Latein, Hofrat und Bibliothekar des Reichsfürsten Karl Friedrich von Isenburg-Birstein, Carl Wilhelm Becker fährt in seiner Kutsche über Land, ein kleiner Ausflug an einem schönen Sonntagnachmittag. Die Straßen im Oberrheinischen sind holperig, den Hofrat schüttelt es gehörig durch, und durch schüttelt es auch den Inhalt der beiden kleinen Kästchen, welche der Hofrat unter dem Kutschenboden hat anbringen lassen. In den Kästchen ist Schmierfett, sind Eisenfeilspäne und vor allem: Münzen. Antike Münzen. Der Hofrat hat sie selber hergestellt. Er kennt viele Leute, die ihm diese Münzen gerne abkaufen würden, aber er kann sie ihnen noch nicht geben. Erst müssen sie wirklich antik aussehen, abgeschmirgelt von den Eisenspänen und dem Geholper der steinigen oberrheinischen Landstraßen.
Moralisches Rüstzeug zum Münzfälscher
Er ist ein Münzfälscher in großem Stil, der Herr Hofrat, heute einer der bekanntesten, damals waren alle ahnungslos. Carl Wilhelm Becker, geboren am 28. Juni 1772 in Speyer, kaufmännische Lehre, Händler für Weine und Tuche, sodann Stempelschneider in der Königlichen Münze zu München. Dort, sagt Becker, habe ihm ein Baron eine falsche römische Goldmünze verkauft. Als Becker sich beschwerte, habe der Baron nur gemeint, es sei ihm recht geschehen. Wenn man von etwas nichts versteht, muss man es nicht kaufen wollen. In dieser Stunde, sagt Becker, habe er das moralische Rüstzeug zum Münzfälscher erworben.
Beckers Methode ist einfach. Er kauft goldene Münzen und prägt sie um, aus häufigen Billigexemplaren werden seltene teure. Beckers Münzen sind vollendet. Er benutzt dieselbe Herstellungsmethode wie die Münzmeister der Antike. Von Hand schlägt er einem Metallrohling einen nach dem originalen Vorbild geschnitten Münzstempel auf. Adligen, reichen Bürgern, vor allem jüdischen Geschäftsfamilien wie den Oppenheims und Rothschilds, ja: selbst den Direktoren der angesehensten Münzkabinette in ganz Europa verkauft er, was er gemacht hat.
Fälschungen oder "Repliken"?
Dann, im Jahr 1820, beginnen bittere Zeiten. Ein Italiener hat ein Buch geschrieben über moderne Fälschungen antiker Münzen, und in dem weist er nach, dass die Beckerschen Münzen nicht echt sind. Becker outet sich. Er gibt zu, die Münzen alle selbst gemacht zu haben, aber keineswegs in betrügerischer Absicht. Nur Repliken habe er hergestellt, keine Fälschungen, einzig und allein zu dem Zweck, Sammlern und Museen zu den begehrten Raritäten zu verhelfen. Becker tut ein übriges und bietet seine gesamte Suite gefälschter Münzen, ein Exemplar pro jemals hergestelltem Stempel, in feinem Silber zum Verkauf an. Auch die Stempel selbst will er loswerden, zum Zeichen dafür, dass er nie wieder mit Repliken aushelfen werde.