Als Literatur wäre es wohl lausig erfunden, es war aber schreckliche Wirklichkeit. Am 6. September 1951 erschoss der Schriftsteller William S. Burroughs seine Frau Joan Vollmer - beim Wilhelm-Tell-Spielen.
Joan Vollmer wurde am 6. September 1951 von ihrem Ehemann erschossen, dem berühmten Schriftsteller William S. Burroughs. Viele halten Burroughs für den wichtigsten amerikanischen Literaten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, den berühmtesten Vertreter der Beat-Generation. Aber sein Genie ist anscheinend erst mit dem Tod seiner Frau erwacht. Zumindest hat er seine besten Romane erst danach geschrieben: "Naked Lunch" zum Beispiel, "Junkie" oder "Queer".
Kennengelernt hatten sich Joan Vollmer und William Burroughs in New York, Mitte der 40er-Jahre. Sie wohnte mit ihrer kleinen Tochter Julie und einer Freundin in einem Apartment auf der Upper West Side. Burroughs finanzierte seinen exzessiven Drogenkonsum damals bereits mit Dealerei. Morphin, Heroin, Hasch, Alkohol, Kokain, Tabletten…als ehemaliger Medizinstudent kannte er sich aus. Seine Muse, Geliebte und Seelenverwandte Joan diskutierte und feierte im Amphetamin-Rausch die Nächte durch.
Später zog das Paar nach Texas und erlebte dort auf einer Farm fast so etwas wie eine Familienidylle auf dem Land, William Junior wurde geboren. Dann fand die Polizei heraus, dass Bill und Joan dort keine Baumwolle, sondern tonnenweise Marihuana anpflanzten. Das Paar floh samt der zwei Kinder über die Grenze nach Mexiko. Der Anfang dort war schwierig für Joan - ihr geliebtes Benzedrin war einfach nicht zu bekommen. - Dafür Tequila für 40 Cent den Liter. Sie fing an zu trinken.
Und William Burroughs fand in Mexiko City offenbar sein persönliches Paradies: Die Kneipen waren voller gut aussehender Burschen, die ihn gegen ein Getränk und eine Mahlzeit willig in seine eigene kleine Wohnung begleiteten.
In einem Brief schwärmt er großspurig: "Warum sollte ich Tortilla essen, wenn´s auch Steak gibt?" - Mit der Tortilla ist seine Frau Joan gemeint.
Der letzte Tag im Leben von Joan Vollmer beginnt windig. Ein Hurrikan treibt das Wasser durch die Straßen des Viertels. Nur ein paar Ecken von daheim entfernt steht sie bereits vormittags in ihrer Stammkneipe, der Bounty-Bar. Wenig später trifft sie William in der Wohnung über der Bar. Burroughs, der Waffennarr, will wegen akuten Geldmangels zwei Pistolen verkaufen und hat sich dort mit einem Interessenten verabredet. Zwei Bekannte sind auch da, amerikanische Studenten. Der Tisch ist übersät mit leeren Gin Flaschen, benutzten Gläsern, auf dem Boden volle Aschenbecher.
Später wird einer der Studenten im Polizeiverhör erzählen, wie William plötzlich diese Idee mit der Wilhelm-Tell-Nummer hatte. Hey Joanie, lallt William, stell dir mal das Whiskey-Glas da auf den Kopf. Wir wollen den Jungs zeigen, was für ein großartiger Schütze der alte Bill ist. Schwankend zielt er auf seine Frau. Joan balanciert das Glas auf ihrem Scheitel, kichert, ich kann nicht hin schau´n, du weißt doch, ich kann kein Blut sehn ...
Der Schuss knallt ohne Vorwarnung durch den Raum. Joan Vollmer stirbt wenig später in der Notaufnahme eines Krankenhauses.