Macht hat ihren Preis. Zum Beispiel für Karl V. Um Kaiser zu werden lieh der sich eine Menge Geld - auch bei den Welsern, einer Augsburger Patrizierfamilie. Die sahen ihre Gulden nie wieder und waren am 1. Juli 1614 bankrott.
Weltreiche kommen und gehen, auch wenn sie uns auf dem Höhepunkt ihrer Macht geradezu unsterblich erscheinen. Das gilt auch für Finanzimperien. Heute kennt kaum noch jemand die Welser, die im 16. Jahrhundert zu den reichsten und mächtigsten Familien überhaupt gehörten. Zur gleichen Zeit übrigens, und ansässig am selben Ort, wie die Fugger - in Augsburg, das man durchaus als eine Art "Wall Street" der Renaissance bezeichnen kann.
Karl braucht dringend Geld
Groß geworden waren die Welser durch Handel, in einer Zeit, die - ähnlich wie unsere - einem Rausch der Globalisierung verfallen war. Die Entdeckung Amerikas 1492 führte zu einem Wettlauf der europäischen Großmächte um Bodenschätze, Gewürze und Sklaven auf dem neuen Kontinent. Sie beflügelte Phantasien von immensem Reichtum und Wachstum in einem in seinen Grundfesten erschütterten Europa.
Es war nicht nur eine Zeit des Handels, sondern auch der Kriege und der großen Persönlichkeiten. 1519 wurde der Habsburger Karl V. von den deutschen Kurfürsten zum König des Heiligen Römischen Reichs gewählt; was ihn allerdings die hübsche Summe von 852.000 Gulden kostete, weil er sich die nötigen Stimmen dazu mühsam erkaufen musste. Karl lieh sich das Geld bei den alteingesessenen Welsern und den gerade im Aufstieg begriffenen Fuggern.
Zwar wuchs sein Reich in der Folgezeit beachtlich, gleichzeitig wurde es aber auch immer schwieriger, die Kontrolle zu behalten. Die Osmanen rückten heran, in Frankreich lauerte Karls innereuropäischer Widersacher Franz I. und in Rom nutzte Papst Leo X. die Rivalität der beiden skrupellos aus. Karls Militärausgaben stiegen rasant.
Obwohl gigantisch, reichten seine Einnahmen bald nicht mehr aus, die angehäuften Schulden zurückzuzahlen. Diese schossen derart in die Höhe, dass der Habsburger sich nicht mehr anders zu helfen wusste, als den Welsern 1528 seine Kolonie Venezuela zu verpfänden - eine frühe Form von Public-Private-Partnership.
Die Augsburger Bankiers durften Venezuela unter Karls militärischem Schutz so gut sie konnten ausplündern und die daraus resultierenden Einnahmen mit seinen Schulden bei ihnen verrechnen - in einer Art von Spekulation auf künftige Gewinne wie heute beim Zocken an der Börse. Und auch schon damals konnte eine Kolonie dabei zur "Schrottimmobilie" werden - zum Beispiel, wenn deren Ausbeutung, etwa durch Aufstände der Ureinwohner, nicht mehr die erwarteten Einnahmen abwarf.
Welser sitzen auf den Schulden
Am Ende genügte ein kleiner Funke menschlicher Unberechenbarkeit des seinerzeit mächtigsten Mannes der Welt, um die Welser in den Ruin zu stürzen: In einem Anflug von Selbstverwirklichung tritt Karl V. 1556 zurück und geht ins Kloster, die von ihm verliehenen Handelsrechte erlöschen dadurch. Die Welser bleiben auf den Schulden, die er bei ihnen hat, sitzen.