Es ging das Gerücht, der König sei wieder genesen und werde bald beim Heer eintreffen. D'Artagnan vermisste seine Freunde und freute sich daher ganz besonders über diese Nachrichten. Eines Morgens erhielt er eine große Kiste mit einem Schreiben. In diesem stand, dass seine Freunde nach einem nächtlichen Gelage in Gewahrsam genommen worden seien und ihm zwölf Flaschen Anjouwein zukommen ließen, als Zeichen ihrer Freundschaft.
Nach der Suppe, wollten die Herren mit dem Wein anstoßen. Da ertönten plötzlich Schreie: "Es lebe der König! Hoch der Kardinal!" Der König, samt seiner Musketiere, hatte soeben das Lager betreten. D'Artagnan bildete mit seiner Kompanie Spalier und begrüßte seine Kameraden und Herrn de Tréville mit großer Freude.
Gleich danach versammelten sich die vier Freunde. "Ihr kommt gerade recht. Soeben wollten wir den Wein versuchen, den ihr mir durch den Gastwirt Godeau habt schicken lassen."
"Wir haben dir keinen Wein geschickt! Der Brief muss gefälscht sein", rief Athos.
Eilig rannten sie zur Schänke; dort wälzte sich der arme Diener mit Krämpfen am Boden und sah dem Tod ins Auge. Planchet blieb bei ihm und die Freunde begaben sich in das Nebenzimmer.
"Das kann nur Lady Clarick gewesen sein. Es ist ein Spiel auf Leben und Tod!", rief d'Artagnan.
"Du musst dich mit dieser Frau treffen und ihr dein Ehrenwort geben, dass du über ihr Geheimnis schweigst, wenn sie sich neutral verhält. Sollte sie das nicht tun, wirst du sie vor den Henker bringen und sollte der Richter sie frei sprechen, wirst du sie selbst töten", erklärte Athos.
"Dein Vorschlag gefällt mir, aber wie komme ich mit ihr zusammen?"
"Die Gelegenheit wird kommen, glaube mir!"
"Aber was wird in der Zwischenzeit aus meiner armen Constanze? Sie soll in irgendeinem Kloster sein, aber in welchem?"
"Ich werde versuchen es herauszufinden. Der Almosenpfleger der Königin ist ein guter Freund von mir", sagte Aramis.
Die vier Freunde trennten sich daraufhin.
Der König trieb indes zur Eile an. In kurzer Zeit wurden die Engländer von La Rochelle zurückgedrängt und mussten mit ihren Schiffen fliehen. In ganz Frankreich herrschte große Freude. Ein Gesandter Buckinghams, namens Montague, wurde gefangengenommen. Bei ihm wurde Papier gefunden, die die Königin und deren Freundin Frau de Chevreuse schwer belasteten.
Richelieu arbeitete Tag und Nacht, damit alles so lief, wie er es sich vorstellte. Trotz Morddrohungen gegen ihn ritt er nachts aus um sich mit Leuten zu treffen, die man in seinem Haus nicht sehen sollte.
Unsere drei Musketiere waren von der Belagerung nicht sonderlich in Anspruch genommen und genossen das Leben. Eines Abends ritten die drei gerade von der Schenke "Zum Roten Taubenschlag" ins Lager zurück, als eine befehlsgewohnte Stimme erschall: "Wer da?"
Zu ihrer Verwunderung war es Seine Eminenz, der auf dem Weg in die Gaststätte war. Er befahl den dreien ihn zu begleiten. Bald hatten sie die einsame Herberge erreicht. Der Wirt wusste offenbar von dem hohen Besuch und hatte alle Gäste weggeschickt.
"Habt Ihr im Erdgeschoss ein Zimmer, wo die drei Herren auf mich warten können?", fragte der Kardinal.
Der Wirt machte die Tür zu einer großen Stube auf, in der wohl vor kurzem noch ein Ofen durch einen Kamin ersetzt worden war, denn aus der Wand ragte ein Ofenrohr.
"Hier hinein, meine Herren, und wartet auf mich. Es dauert nicht länger als eine halbe Stunde."
Während die Musketiere die Stube betraten, stieg der Kardinal die Treppe hinauf.
Um sich die Zeit zu vertreiben, befahlen die Musketiere dem Wirt, Würfel zu bringen. Porthos und Aramis setzten sich an einen der Tische, während Athos nachdenklich im Raum auf und ab schritt. Mehrmals kam er dabei an dem alten Ofenrohr vorüber, aus dem er plötzlich leise Stimmen hörte. Er trat näher und hielt sein Ohr dicht an die Rohrmündung. Erregt machte er seinen Freunden ein Zeichen zu schweigen. Kein Zweifel es war die Stimme des Kardinals.
"Mylady, die Sache ist von größter Wichtigkeit. Setzt Euch, wir müssen darüber sprechen."
"Mylady?", murmelte Athos. Als die Dame antwortete, trieb die Stimme dem Musketier alles Blut zum Herzen.
Der Kardinal breitete seine Pläne aus. Lady Clarick sollte zu Buckingham reisen und ihm klar machen, dass Seine Eminenz genug Beweise hatte, um die Königin bloßzustellen. Außerdem saß sein Vertrauter Montague in der Bastille und würde unter Folter sicherlich gesprächsbereit sein. Sollte das alles nicht helfen, müsste man jemanden finden, der bereit wäre den Herzog zu ermorden.
"Es findet sich immer ein Fanatiker, der gerne den Märtyrer spielt. Nehmen wir an, wir finden eine Frau, die sich an Buckingham rächen möchte, und die einem solchen Fanatiker einen Dolch zuspielt…Solche Wendungen finden sich nicht selten in der Geschichte."
"Die Frau habt ihr gefunden! Und den Fanatiker wird man noch finden", erwiderte Mylady. "Und nun möchte ich Euch ebenfalls um einen Gefallen bitten."
Athos hörte mit an, wie Mylady den Kardinal darum bat, ihr d'Artagnan ans Messer zu liefern. Richelieu verlangte nach Tinte, Feder und Papier und es wurde still am anderen Ende des Ofenrohrs.
"Meine Freunde", sagte Athos, "ich muss gehen. Sagt dem Kardinal, ich sei vorausgeritten um die Gegend zu erkunden. Der Wirt habe von auffälligen Leuten gesprochen, die ums Haus streichen. Alles Weitere könnt ihr mir überlassen!"
"Sei vorsichtig", sagte Aramis.
Draußen schwang sich Athos schnell auf sein Pferd und verschwand in der Dunkelheit.