Ohne jede Schwierigkeit gelangten also Frau Bonacieux und der Herzog in den Louvre; wäre doch etwas schief gegangen, hätte man Frau Bonacieux beschuldigt, ihren Geliebten in den Louvre geschmuggelt zu haben. Ihr guter Ruf wäre verloren gewesen, aber das nahm sie aus Ergebenheit zur Königin gerne auf sich.
Alles war bestens vorbereitet. Der Herzog war ein ebenso tapferer, wie kühner Mann. Er wusste, dass die angebliche Botschaft Anna von Frankreichs, die ihn nach Paris lockte, eine Falle war. Dennoch ruhte er nicht eher, bis die Königin einwilligte ihn zu sehen. Aus Furcht, der Herzog könne eine Dummheit begehen, willigte Ihre Majestät schließlich ein.
Wie jedoch Frau Bonacieux, deren Auftrag es war den Herzog in den Louvre zu führen, entführt wurde, stand alles in der Schwebe. Kaum hatte die sich jedoch befreit, nahm sie die Fäden in die Hand um diese gefährliche Zusammenkunft zu inszenieren.
Der Herzog war Mitte dreißig und galt völlig zu Recht als der ansehnlichste Edelmann seiner Zeit. Als Günstling zweier englischer Könige hatte er ein Millionenvermögen erworben. Es war ihm gelungen das Herz der schönen und stolzen Anna von Österreich zu erobern.
Die Königin war sechsundzwanzig Jahre alt und von einer Schönheit, die von allen zeitgenössischen Dichtern gepriesen wurde.
Während sich der Herzog in seiner Musketieruniform im Spiegel betrachtete, trat die Königin in Begleitung ihrer spanischen Hofdame Donna Estefania ein. Sie ging zwei Schritte auf Buckingham zu und dieser sank vor ihr auf die Knie und küsste den Saum ihres Kleides.
"Herzog, Ihr wisst bereits, dass nicht ich Euch geschrieben habe."
"O ja, Majestät. Ich weiß, dass ich ein Narr bin. Aber die Sehnsucht nach Euch und Eurer Schönheit trieb mich zu Ihnen."
"Ich habe Euch nur kommen lassen, um Euch zu sagen, dass wir uns nie wieder sehen dürfen."
"Sprecht weiter, meine Königin. Eure liebliche Stimme überstrahlt die Härte Eurer Worte. Herzen, die Gott füreinander bestimmt hat, darf niemand trennen."
"Ihr vergesst, dass ich niemals gesagt habe, ich liebe Euch."
"Aber auch nie, dass Ihr mich nicht liebt. Seit ich Euch vor drei Jahren das erste Mal sah liebe ich Euch!"
"Für unsere Dummheiten wurden wir hart bestraft. Aufgestachelt vom Kardinal hat mir der König einen schrecklichen Auftritt gemacht. Drei meiner Vertrauten wurden vom Hofe gejagt. Und der König ist strikt dagegen, dass Ihr zum englischen Botschafter bei Hofe berufen werdet."
"Dieser Weigerung wird Frankreich mit einem Krieg bezahlen müssen. Wir werden uns vorerst nicht mehr sehen. Nun gut. Doch jeder Krieg geht vorüber und dann werde ich der Unterhändler sein, der den Frieden aushandelt. Man wird mich nicht mehr ablehnen und ich werde nach Paris kommen und Euch wieder sehen."
"Geht, Herzog! Und kommt erst als Gesandter wieder mit einer Leibwache, die Euch verteidigt. Dann bin ich glücklich Euch zu sehen."
"Ist das wahr?"
"Ja."
"So gebt mir ein Pfand, einen Gegenstand, der mich daran erinnert, dass ich nicht träume."
Die Königin verließ das Gemach und kehrte mit einem Kästchen aus Rosenholz zurück, das die Initialen ihres Namens trug. "Nehmt das Mylord, und schwört, dass ihr augenblicklich nach England zurückkehrt."
Der Herzog griff nach ihrer Hand presste seine Lippen leidenschaftlich darauf. Dann wurde er von Frau Bonacieux wieder aus dem Louvre geleitet.
Doch was wurde aus Herrn Bonacieux? Nun, die Schergen des Kardinals hatten ihn geradewegs in die Bastille gebracht. Nach einer halben Stunde rief man ihn zum Verhör. Ein Kommissar saß am Tisch und blätterte in Papieren.
Der Beamte nahm zuerst die Personalien auf und hielt Bonacieux dann eine lange Predigt über die Gefahren, wenn sich Bürger in öffentliche Angelegenheiten mischten. Bonacieux verwünschte den Tag, da er das Patenkind von Herrn de La Porte geheiratet hatte. Im Grunde war er ein selbstsüchtiger Hasenfuss. Die Zuneigung zu seiner Frau war für ihn nur zweitrangig. Und so beschwor er seine Treue zum Kardinal und verdammte die Handlungen seiner jungen Frau aufs Tiefste.
Allerdings ließ der Kommissar nicht locker und ordnete eine Gegenüberstellung mit Herrn d'Artagnan an, von dem er dachte, ihn in Gewahrsam zu haben. Dies stellte sich schnell als Irrtum heraus und der wütende Beamte ließ den jammernden Hauswirt und den überraschten Athos, der sich seiner Freiheit sicher war, wieder einsperren.
Gegen neun Uhr hörte Bonacieux Schritte auf dem Korridor und seine Zelle wurde geöffnet. "Folgt mir", kommandierte ein Gardist.
"Wohin bringt Ihr mich?", rief Bonacieux entsetzt.
"Dorthin wo wir Befehl haben Euch hinzuführen!"
"Oh Gott! Ich bin verloren!", winselte der unglückliche Hauswirt.
Widerstandslos folgte er der Wache zum Tor. Man verfrachtete ihn in eine Kutsche, die von vier Reitern eskortiert wurde. Langsam, wie ein Trauerzug, setzte sich das Gefährt in Bewegung.