Ein bisserl Voodoo geht immer? Das glauben jedenfalls die Haitianer. 80 Prozent der Haitianer sind zwar katholisch, aber zwei Drittel glauben an Voodoo. Am 4. April 2003 wurde Voodoo deshalb offizielle Religion auf Haiti.
Keine Frage, die Zahl der spirituellen Sinnsucher wächst. Das macht den Esoterikmarkt zu einer ausgesprochenen Wachstumsbranche. Wer sich vor negativen Energien schützen möchte, kauft Klangschalen und magische Steine, Amulette und Duftöle oder besorgt sich die feinstofflich aktive Bettwäsche, die einen "astral ungestörten Schlaf" sicherstellt. Interessierte können bei der Volkshochschule Kurse in Energiearbeit, Pendeln und Tarot buchen, aber wer den Weg zum Licht wirklich mit ganzer Seele sucht, der geht gleich zu einem Druiden oder einer Schamanin, zu einem Geistheiler oder einer Hexe. Das Angebot ist unüberschaubar. Und doch: Ein paar Lücken weist es auf. Voodoomäßig zum Beispiel ist es eher dürftig.
Hinterfotzigkeiten?
Voodoo, Sie wissen, ist diese vor allem in Haiti praktizierte Religion, bei der ein Priester einen Übeltäter bestraft - ihm unter Umständen gar das Lebenslicht ausbläst. Dazu durchbohrt er mit einer Nadel eine Puppe, die dem Delinquenten nachgebildet und mit einem seiner Haare oder einem Stück seines Fingernagels ausgestattet ist. Es ist wahr, derartige Hinterfotzigkeiten sind nicht das, was den Voodoo-Kult insgesamt ausmacht, aber sei´s drum. Das ist ja grad das Schöne an all den indigenen, fernöstlichen, keltischen, sibirischen, aztekischen oder sonst wie exotischen Lehren, dass man sich nur die Gustostückerl herauszuklauben braucht; die kann man dann mit anderen Glaubensvorstellungen zu genau der Spiritualität verrühren, die einem selber am besten zupass kommt.
Angenommen, jemand hätte sich zu einer buddhistisch angehauchten, friedvollen und ganz auf Harmonie abzielenden Lebensweise entschlossen, würde aber ständig von einem bösen Nachbarn oder einer rachsüchtigen Ex genervt. Was soll der tun? Ja, freilich, das Gespräch suchen, schon. Aber wenn´s nichts nützt? Dann wäre es durchaus zu überlegen, ob er sich nicht an die so genannte Erste Internationale Kirche des Voodoo wendet; die bietet unter anderem an, die rituelle Arbeit für die Vergeltung zu übernehmen.
Sie hilft ferner bei der Eintreibung von Schulden, reinigt im Bedarfsfall negativ geladene Objekte wie Wohnungen und Autos et cetera. Und alles verpflichtungs- und kostenfrei! Nur die Götter und Geister des Voodoo müssen entlohnt werden. Die verlangen, wie es heißt, "Opfer, die dem entsprechen, um was man sie bittet".
Geht schon!
Das soll nicht mit buddhistischen Grundsätzen vereinbar sein? Auch nicht mit christlichen? Das sieht man aber in Haiti anders! Dort sind gut 80 Prozent der Bevölkerung katholisch, gleichzeitig bekennen sich nach vorsichtigen Schätzungen Dreiviertel zum Voodoo. Deshalb war es nur konsequent, dass die Regierung den Kult am 4. April 2003 zur offiziellen haitianischen Religion erhoben hat. Seither dürfen die Voodoo-Priesterinnen und Priester genau wie ihre katholischen Kollegen Kinder taufen, Ehen schließen und Bestattungen durchführen.
Eine Voodoo-Hochzeit - das wär´s! Das hatte bei uns noch so gut wie niemand. Wird ja nicht angeboten. Aber wie gesagt, der Esoterik-Markt ist ausbaufähig. Begnügen wir uns derweil mit Räucherwerk und Engelbildern, bestellen wir das 14-teilige Hexenkistchen für neunzehn fünfundneunzig oder setzen uns eine dieser Drahtkronen auf, mit denen man Botschaften aus dem Jenseits empfangen kann.