Mobbing ist grausam und keineswegs erst eine moderne Erscheinung. Am 11. April 1731 erlag der preußische Historiker Jacob Paul von Gundling seinen Magengeschwüren nach langjährigen Gemeinheiten am Hof Friedrich Wilhelms I.
Dass Friedrich Wilhelm I. von Preußen, der Soldatenkönig , sadistische Züge hatte und seinen eigenen Sohn, den späteren König Friedrich den Großen, schwer misshandelte, ist bekannt. Noch schlimmer als dem Kronprinzen setzte er seinem Hofhistoriker Jacob Paul von Gundling zu, der am 11. April 1731 mit 57 Jahren an seinen Magengeschwüren zugrunde ging. Neben dem Bett des Sterbenden stand schon sein Sarg, der König hatte ihn dorthin bringen lassen, es war ein schwarz lackiertes Weinfass. Ein Weinfass, auf dem Spottverse geschrieben standen: "Hier liegt in seiner Haut, halb Schwein, halb Mensch, ein Wunderding ..." Gundling wusste, dass die Hofgesellschaft nur darauf wartete, mit seiner Leiche grausamen Schabernack zu treiben. Kaum war er tot, bekleidete man ihn mit Samtrock und Brokatstrümpfen, stellte ihn ins Fass und öffentlich zur Schau und verfrachtete ihn dann im Viehwagen nach Potsdam zum Begräbnis.
Lange Kette von Quälereien
Die groteske Bestattung im Weinfass war der grausame Schlusspunkt unter einer langen Kette von Quälereien, die Gundling bereits zu Lebzeiten erdulden musste. Man steckte den gelehrten Mann in bizarre Uniformen, stellte ihm einen gleich gekleideten Affen als Sohn zur Seite, setzte ihn in eine Sänfte ohne Boden, schleuste junge Bären in sein Zimmer ein, beschoss ihn mit Feuerwerkskörpern, warf ihn in den Schlossgraben: Kurz, man machte ihm das Leben zur Hölle. Zweimal versuchte Gundling zu fliehen, fand aber außerhalb Preußens kein Auskommen und kehrte unter dem Druck seiner Schulden wieder zurück. Am preußischen Hof brauchte man ihn. Paradoxerweise nicht nur als Prügelknaben und Blitzableiter, sondern auch als kompetenten Fachmann.
Gundlings Doppelrolle ist das Frappierende. Er war Hofhistoriker, Wirtschaftsberater, Akademiepräsident, Zeitungsreferent, der König befolgte seinen Rat, bezahlte ihn gut, tat aber nichts gegen die Schikanen der Hofgesellschaft.
Oft genug beteiligte er sich daran oder manövrierte ihn persönlich in eine Lage, die ihn angreifbar machte.
Aussichtslose Lage
Klarer Fall von Mobbing, würde man heute sagen. Mobbing entsteht in hierarchischen Strukturen, die aus irgendwelchen Gründen instabil sind. Weil die Führungskraft versagt, weil die Rollen nicht klar verteilt sind, weil die Ressourcen knapp sind. So war das auch am Hof Friedrich Wilhelms I., der sich im Umbruch befand. Der Soldatenkönig fuhr einen rigiden Sparkurs zur Haushaltssanierung, er vergötterte alles Militärische, verachtete Kunst und Wissenschaft und litt an Minderwertigkeitskomplexen, die er an anderen abreagierte.