Wie schön, dass die Konservendose, erfunden bereits 1810, Speisen haltbar macht. Ist das Blech jedoch einmal zusammengelötet, bekommt man die Dose schwer auf. Ein Glück, dass William Lyman 1870 den Dosenöffner erfand.
Groß muss der Jubel gewesen sein, als Peter Durand, Kaufmann in England, eines Morgens im Jahr 1810 ein Beefsteak (denn gewiss war’s ein blutiges Rinderstück) in ein dosenförmiges Stück Weißblech bettete, einen passenden Deckel draufdrückte und beides mit Blei aufeinander lötete: Simsalabim, das Steak war weg, luftdicht eingedost, die Bakterien mussten verschmachten: Tod, wo blieb dein fauliger Stachel?
Mr. Durand meldete seine Konservierungsdose zum Patent an und die ganze Familie tanzte um das blecherne Rind. Endlich war gelungen, worauf Napoleon fünfzehn Jahre zuvor einen Preis von 12 000 Goldfrancs ausgelobt hatte: die Haltbarmachung von Speisen, Traum jedes Generals, wenn er, zum Beispiel, Russland erobern und also eine Armee ernähren wollte. Doch war der Kaiser im Jahr 1810 damit beschäftigt, sein Strafgesetzbuch zu verabschieden, sodann Marie Louise von Österreich zu ehelichen und drittens Andreas Hofer erschießen zu lassen. Da blieb keine Zeit für Prämienzahlungen, noch dazu an einen britischen Erzfeind.
Die Konservendose wird geschlossen
So mussten die Durands, unbelohnt, im Lande bleiben und ans Eingemachte gehen. Doch siehe, als sie ihrer Dosenkuh zu Leibe rückten, da war sie nicht nur luft- und wasserdicht verlötet im schweren, rundgewalzten Zinn- und Bleisarg, sie entzog sich auch jedem Zugriff!
Peter Durand versuchte es mit Beil und mit Messer, dann griff er zu Hammer und Meißel und trennte endlich seiner Konserve das Haupt vom Rumpf. Nach dieser brutalen Methode verfuhr man die nächsten 60 Jahre: es wurde gemeißelt und gehämmert, geflucht und gebrüllt (wenn wieder mal ein Finger abhanden kam, das Dosenfleisch mit Menschenblut vermischt wurde. Ohnehin raffte das giftige Lötblei so manchen Siedler von der Prärie, 1845 starb eine ganze Arktis-Expedition an Bleivergiftung).
Die Konservendose will geöffnet werden
Allmählich wurden die Bleche dünner und leichter zu verbiegen, und so meldete 1858 Ezra Warner ein dolchförmig gebognes Messer mit Seitbügel zum Patent an, das seither noch so manche büchsenhaltende Hand durchstieß, und 1866 erfand ein Mr. Osterhoudt den Ölsardinen-Bügelöffner zum Aufrollen. Den endgültigen Durchbruch aber schaffte erst der Amerikaner William Lyman, der die heute noch gebräuchliche Zangenform mit Schneiderädchen entwickelte und sie am 19. Juli 1870 patentieren ließ. Die am selben Tag ausgesprochene Kriegserklärung Frankreichs an Deutschland war vermutlich Zufall, doch konnten sich nun die kämpfenden Truppen mit leichthändigem Randrädeln über Corned Beef und Leipziger Allerlei hermachen, statt mit weithinschallenden Axthieben und Meißelstößen dem Feind ihre Position zu verraten. Weitere fünfzig Jahre später wurde das Schneiderad gezahnt, danach elektrifiziert, und die Konserve wird blitzschnell skalpiert.
Doch alles bleibt Firlefanz, wenn man zwar die Dose, doch keinen Öffner bei sich hat. Wie jene "Drei Mann in einem Boot", die in Jerome K. Jeromes gleichnamigem Roman auf der ländlichen Themse einer Ananasbüchse zuleibe rücken wollen. Sie kehren das ganze Boot um und finden keinen Öffner, versuchen’s mit Schere, Messer, Bootshaken, verlieren das Gleichgewicht, ruinieren Planken und Füße.
"Harris holte einen schweren Stein und ich den Mast, George hielt die Büchse und Harris setzte die Spitze des Steins darauf, ich schwang den Mast in die Höhe und schmetterte ihn nieder. - Es war sein Strohhut, der George damals das Leben rettete.