Baron Münchhausen erzählte seine Geschichten am Kamin in seinem Gutshaus, man wusste dass es sich hier um famose Lügengeschichten handelte, aber das minderte nicht den Spaß. Doch das Lachen verging ihm, als einer seiner Besucher, der deutsche Privatgelehrte Rudolf Erich Raspe, am 25. Juli 1786 in London eine pompöse englische Ausgabe seiner Geschichten herausbrachte - und sehr gut daran verdiente.
"Stellen Sie sich vor, meine Herrschaften, in welch schrecklicher Lage ich mich befinde! Zu meiner Linken ein reißender Strom, zu meiner Rechten ein tiefer Abgrund, hinter mir ein wütender Löwe und vor mir ein lauerndes Krokodil! Eine schreckliche Lage! Ich stürze wie betäubt zu Boden und erwarte mein Ende. Da höre ich ein lautes knirschendes Geräusch. Ich wage es, hochzuschauen, und was glauben Sie, ist passiert? Der Löwe, der über mich hinweggesprungen war, ist in den offenen Rachen des Krokodils gestürzt. Gerade noch zur rechten Zeit hieb ich mit einem Streich den Kopf des Löwen ab und rammte ihn noch tiefer in den Rachen des Krokodils, das nun jämmerlich ersticken musste. Als ich es später maß, stellte ich fest, dass es 40 Fuß und 7 Zoll lang war!"
Ja, so stellen wir ihn uns vor, den Baron Münchhausen! Er erzählte seine Geschichten des Abends am Kamin, in seinem Gutshaus Bodenwerder im Weserbergland. Allen war klar, dass es sich hier um famose Lügengeschichten handelte, aber das minderte nicht den Spaß. Münchhausen war weit herumgekommen, hatte als Hauptmann in der russischen Armee gedient und an zwei Türkenkriegen teilgenommen. Im Kampf gegen die Türken war es auch, wo er seinen berühmten Ritt auf der Kanonenkugel gemacht zu haben behauptete. Er hat sich immer heftig dagegen gewehrt, seine Geschichten als Buch zu veröffentlichen. Wenn jemand ihn ermuntern wollte, die Münchhausiaden niederzuschreiben, lehnte er kategorisch ab. Es sollte ein Privatvergnügen für seine Freunde sein - mehr nicht. Schließlich waren die Münchhausens Reichsfreiherren seit 1149, da galt es eine gewisse Würde zu wahren.
Man kann sich vorstellen, wie der Baron sich ärgerte, als einer seiner Besucher, der deutsche Privatgelehrte Rudolf Erich Raspe, am 25. Juli 1786 in London eine pompöse englische Ausgabe seiner Geschichten herausbrachte. ! "Baron Münchhausens Narrative of His Marvellous Travels" enthielt das, was Raspe in Bodenwerder gehört hatte, und dazu noch einige englische Seefahrergeschichten, die er als Münchhausiaden ausgab, um den Umfang des Buches zu vergrößern.
Münchhausen selbst konnte nichts dagegen tun, den Schutz des Copyrights gab es noch nicht. Ein Nachweis wäre ohnehin schwierig geworden, weil der Baron selbst nichts aufgeschrieben, geschweige denn veröffentlicht hatte. Raspe hingegen verdiente gut daran. Und legte den Baron noch mal aufs Kreuz: Münchhausen hatte während seines Dienstes in Russland Goldmünzen mit der Prägung Iwans des Dritten geschenkt bekommen. Als die Zarin Elisabeth an die Macht kam, ließ sie alle greifbaren Stücke einschmelzen. Münchhausen besaß also eine wertvolle Rarität. Als er im Alter von 73 Jahren die Torheit beging, sich mit der 20jährigen Bernhardine von Brunn zu verloben, schenkte er ihr die Münzen. Lange waren sie nicht in ihrer Hand, denn der geschickte Raspe tauchte plötzlich auf und schwatzte sie ihr ab - im Tausch gegen wertlose Wechsel. Danach besuchte er sie in Bad Pyrmont, wo sie - ganz allein - zur Kur weilte. Er scheint ihr durchaus nähergekommen zu sein, denn als sie 9 Monate später eine Tochter zur Welt brachte, schwor der Baron Stein und Bein, dass er nicht der Vater sei. Er ließ seinen Neffen Nachforschungen anstellen, wer da sonst in Frage käme. Die Antwort hieß kurz und bündig: "Raspe".