Eine Frau als Pilot? Eine Pilotin? Unmöglich, glaubte die Männerwelt in den 1920er-Jahren. Dann startete am 13. August 1929 das "Puderquastenrennen" quer durch Nordamerika. Mit am Start: die deutsche Flugpionierin Thea Rasche.
Die männliche Journaille reagierte auf die Nachricht mit Spott: 1929 fanden sich in Nordamerika Pilotinnen zusammen, die ein Flugrennen quer durch den Kontinent starten wollten. Schon im Vorfeld wurde die Veranstaltung als "Powder Puff Derby", als "Puderquastenrennen" diffamiert. Fliegerinnen - so die damalige Ansicht - konnten mit Schminkutensilien besser umgehen als mit dem Steuerknüppel.
Improvisation auf Höllentrip
Doch die zwanzig Pilotinnen, die am 13. August 1929 im kalifornischen Santa Monica an den Start gingen, lehrten die Männer eines Besseren. Das "Cleveland Women’s Air Derby", so benannt nach dem Zielort am Eriesee, wurde zu einer der legendärsten Sportveranstaltungen Amerikas. Und die Fliegerinnen übernahmen das Schimpfwort "Puderquastenrennen" sogar als Ehrenbezeichnung.
Einzige Deutsche unter den Amerikanerinnen war die dreißigjährige Thea Rasche. In Deutschland war die Sportfliegerei eine Männerdomäne. Thea Rasche, die von dem Flugpionier Ernst Udet protegiert wurde, erregte auf Flugschauen mit waghalsigen Darbietungen Aufmerksamkeit. Doch bald verblasste in Deutschland ihr Ruhm, und so suchte sie in Amerika nach Herausforderungen und Sponsoren.
Das Puderquastenrennen war ihre Chance. Es wurde eine Mischung aus Improvisationsprüfung und Höllentrip. Die acht Etappen führten von Kalifornien über die Rocky Mountains und quer über die Great Plains nach Ohio, insgesamt über 5.000 Kilometer. Sandstürme und Gewitter machten den kleinen Flugzeugen zu schaffen, es gab Motorschäden und Bruchlandungen. Die Fliegerin Marvel Crosson verunglückte tödlich. Hämisch schrieb eine Zeitung: "Frauen haben abschließend bewiesen, dass sie nicht fliegen können."
Die Frauen brachen das Rennen nicht ab. Und sie halfen sich gegenseitig. Thea Rasche, die eine Maschine vom Typ "Motte" hatte, die den anderen Flugzeugen weit unterlegen war, zeichnete sich durch ihre guten Orientierungssinn aus.
Mehrfach flog sie voran, im Schlepptau die PS-starken Maschinen der Konkurrentinnen. Auch Thea Rasche musste einmal mit Motorschaden notlanden. Die geschickte Mechanikerin konnte die "Motte" allerdings selbst reparieren und das Rennen fortsetzen.
Landung mit kokettem Hütchen
Nach einer Woche erreichten dreizehn Fliegerinnen glücklich den Ziellandeplatz in Cleveland. Siegerin war die Amerikanerin Louise Thaden. Vom Preisgeld abgesehen galt nur Eines: Dabei gewesen zu sein. Die Pilotinnen hatten Fairness und Sportsgeist bewiesen und feierten gemeinsam das bestandene Abenteuer. Freilich konnten sie es sich nicht verkneifen, der Öffentlichkeit genau das bunte Klischee zu bieten, das man sich von ihnen gemacht hatte: Thea Rasche erinnerte sich später, dass die Fliegerinnen in seltsamsten Kostümen gelandet sind - mit weißen Handschuhen und koketten Hütchen, im Reitdress oder in Golfanzügen.