Ein Arzt und ein Ingenieur, Åke Senning und Rune Elmqvist, retteten einem Mann das Leben, dem täglich dreißig Mal das Herz stehen blieb. Sie setzten ihm den ersten Herzschrittmacher ein, den ein Patient im Körper tragen konnte.
Arne Larsson starb jeden Tag dreißig Tode. Nicht nur im übertragenen Sinne, sondern im wörtlichen: Bis zu dreißig Mal am Tag blieb sein Herz stehen, bis zu dreißig Mal täglich musste er wiederbelebt werden. Abgesehen von dem Wunder, dass er das überhaupt überlebte, ein für gesunde Menschen unvorstellbarer Albtraum.
Riskanter Versuch
Das Herz des 43-jährigen Schweden war eigentlich absolut funktionstüchtig - es hatte nur ein Problem: Die Erregungsleitung zwischen dem Herzvorhof und der Herzkammer war gestört; die elektrischen Impulse, die den Herzmuskel eines Gesunden zum Schlagen bringen, kamen bei seinem nicht mehr ans Ziel. In diesem Zustand befand sich Larsson im Jahr 1958.
Das Schicksal wollte es, dass im selben Jahr der Herzchirurg Åke Senning gemeinsam mit dem Ingenieur Rune Elmqvist einen Herzschrittmacher konstruiert hatte, der gerade an Tieren getestet wurde. Die Idee eines solchen Geräts war nicht neu: Bereits 1932 gab es eine Maschine, die in der Lage war, elektrische Impulse in regelmäßigen Abständen an das Herz abzugeben; doch war sie sehr groß und musste außerhalb des Körpers mitgeführt werden. Auch die Stromversorgung war ein Problem. Der Taktgeber von Senning und Elmkvist war hingegen klein genug, dass man ihn in den Körper einpflanzen konnte. Zum Einsatz am Menschen war er jedoch bis dahin noch nicht gekommen, da die beiden Wissenschaftler ihn noch nicht für ausgereift hielten.
Larssons Frau gelang es, die beiden dazu zu überreden, die Errungenschaft an ihrem Ehemann auszuprobieren. Und so wurde dem Sterbenskranken in einer Notoperation am 8. Oktober 1958 der erste Herzschrittmacher eingesetzt. Das Gerät hielt nur drei Stunden durch, das zweite eine Woche, bis die Impulse schwächer wurden; doch Larssons Leben war vorerst gerettet.
Schonprogramm in allen Lebenslagen
Eine Weiterentwicklung der Technik tat not. Nicht nur galt es, das Gehäuse kleiner und die Batterien länger haltbar zu machen. Die frühen Schrittmacher konnten nur einen bestimmten Rhythmus vorgeben - die meisten waren auf 70 Impulse pro Minute eingestellt, die sie durchgehend an den Herzmuskel abgaben. Das Problem: Erstens arbeiteten sie damit gegen den Rhythmus des natürlichen Taktgebers, wenn dieser gerade funktionierte; und außerdem konnten die Geräte nicht auf einen schwankenden Sauerstoffbedarf reagieren. Wenn wir uns anstrengen oder aufregen, schlägt das Herz schneller, um dem Körper in kürzerer Zeit mehr Nährstoffe zuzuführen. Dies war für Arne Larsson und seine Zeitgenossen noch lange nicht möglich, sie waren auf totales Schonprogramm angewiesen.
Mehr als ein halbes Jahrhundert später sieht die Lage ganz anders aus. 65.000 Menschen pro Jahr bekommen allein in Deutschland einen Herzschrittmacher eingesetzt. Die modernen Geräte sind per Computer individuell programmierbar; sie reagieren nicht nur auf physische Schwankungen ihres Trägers, sondern auch auf Gefühlsregungen - und passen sich dem Bedarf an.
Arne Larsson jedenfalls lebte lange genug, um von der technischen Entwicklung zu profitieren: Er starb 2001 im Alter von 86 Jahren - und hatte in dieser Zeit 22 Herzschrittmacher getragen.