Winston Churchill, geboren am 30. November 1874, begann als Schulversager, wurde dann Staatsmann und Nobelpreisträger für Literatur. Den Preis bekam er für sein Geschichtswerk, aber seine Schundgeschichten sind noch besser!
Die Geschichte beginnt in etwa so: Es ist kurz nach halb zehn, als der Mann über Bord fällt. Das Schiff, auf dem er sich befindet, oder besser befand, ist ein Postschiff, schnell unterwegs auf den Wellen des Roten Meeres. Das Bordorchester spielt, die Passagiere freuen sich über die Abwechslung, unser Mann will gerade in den Refrain einstimmen - da gibt die schlecht befestigte Reling nach. Er landet im Wasser. Und ihm wird klar, dass er schreien muss. Jetzt. Sofort.
"Mann über Bord"
Mit dieser grausigen Klarheit aber geht die unheimliche Kurzgeschichte erst richtig los! Gut, der Titel ist profan "Mann über Bord"; die britische Zeitschrift, in der die Erzählung 1898 erscheint ist ein billiges Boulevardblatt. Doch der Autor wird später den Nobelpreis bekommen. Für Literatur. Das merkt man seiner frühen Kurzgeschichte vielleicht noch nicht an ... Aber er hat da mit gerade 24 Jahren ja auch eben erst beschlossen, der Welt zu zeigen, dass ein Schriftsteller in ihm steckt.
Laut seinem Vater nämlich steckt in Winston Leonard Spencer Churchill, geboren am 30. November 1874, gar nichts. Vater Lord Randolph Churchill, ein angesehener Tory-Politiker, schickt den Sohn von einer Eliteschule auf die nächste. Den jungen Winston langweilt das stupide Auswendiglernen. Prüfungen empfindet er als schlimme Heimsuchungen.
Erst als der Übervater resigniert aufgibt und damit der Leistungsdruck abnimmt, geht beim jungen Winston der Knoten auf! Auf der Militärakademie holt er im Eiltempo nach, was er bislang verpasst hat. Wild durcheinander verschlingt er Klassiker wie Darwin, Sokrates, die Bibel, Schopenhauer, Aristoteles, britische Historiker. Später arbeitet Winston Churchill als Offizier und internationaler Kriegsberichterstatter. Aus seinen Fronterlebnissen in Amerika, Afrika, Asien werden Bücher, die sich rasch verkaufen. Nicht nur, weil er Schlachten und Manöver lebendig nachzeichnet, sondern auch weil er reichlich Kritik übt an der britischen Militärführung.
Grausige Klarheit
Der ehemalige Schulmuffel wird in seinem Leben 40 Bücher verfassen, darunter vor allem historische Abhandlungen von Ereignissen, an denen er selbst teilgenommen hat. Denn neben der Schreiberei wird aus ihm der bedeutendste britische Staatsmann des 20. Jahrhunderts: Fast auf jedem Ministersessel im Kabinett nimmt Winston Churchill Platz: Handels- und Innenminister, Finanzminister, Marine- und Luftfahrtminister - zweimal Premierminister. 1953 erhält er den Nobelpreis für sein großes historisches Werk in drei Bänden "Der Zweite Weltkrieg". Im gleichen Jahr schlägt ihn Königin Elizabeth II. zum Ritter des Hosenbandordens.
"Sir Winston Churchill" - wenn sein skeptischer Vater das noch erlebt hätte. Aber der hat wahrscheinlich nicht mal eine der ersten Kurzgeschichten des Sohnes gelesen: "Mann über Bord". - Ach ja, die endet übrigens so:
Das Postschiff ist längst in weiter Ferne. Unser Mann hält sich noch immer tapfer über Wasser, schlägt mit Armen und Beinen um sich, um wieder an die Oberfläche zu kommen. Wo ihn erneut die Verzweiflung packt. Verbittert und elend stöhnt er: "O Gott! Lass mich sterben!" - Der Mond kommt hinter den Wolken hervor, wirft sein sanftes, silbriges Glitzern über das Meer. Fünfzig Meter entfernt taucht ein dreieckiges Ding auf. Eine Flosse. Die sich langsam nähert. "Seine letzte Bitte war erhört worden".