Kronen können mitunter kolossal drücken. Es sei denn, man behält sich gewisse gestalterische Freiheiten vor, was das - in diesem Fall - Königinnen-Dasein anbelangt. Christina von Schweden regierte nach eigenem Gusto, trat diesem und jenem dabei auf die Füße und verlor schließlich schlichtweg die Lust am Thronsitzen.
Als die schwedische Königin Christina einmal durch Rom fuhr, verunglückte ihre Kutsche und die Insassin fiel in den Straßendreck. Dabei verrutschten ihre Röcke und man sah, dass sie, wie im 17. Jahrhundert durchaus üblich, keine Unterwäsche trug. Passanten blieben wie schockgefroren stehen und trauten sich nicht, ihr aufzuhelfen. Nur Christina fand die Situation hochkomisch und lachte schallend. Nur gut, sagte sie hinterher, dass die Welt nun endlich wisse, wie Gott sie gemacht habe. Nämlich nicht als Mannsperson oder Zwitter, wie man in ganz Europa munkelte, sondern als ganz normale Frau.
Leben und leben lassen
Eine ganz normale Frau? Nicht nur die Zeitgenossen zweifelten daran. Christina lief oft in Männerkleidern herum, ritt und fluchte wie der Teufel und warf Hofdamen, deren weibisches Getue ihr auf die Nerven ging, hochkant aus ihren Gemächern. Heiraten und Kinderkriegen kam für sie niemals in Frage. Stattdessen verschenkte sie ihr Herz an eine schöne Gräfin und später an einen Kardinal. Außerdem war sie hochgebildet und wissbegierig, sammelte Bücher und Gemälde, diskutierte mit Gelehrten, lud den Philosophen Descartes an ihren Hof und fand die Kriegskunst ebenso spannend wie ihr legendärer Vater, der große König Gustav II. Adolph.
Der hatte nach ihrer Geburt im Dezember 1626 verfügt, sie wie einen Prinzen zu erziehen, während die Mutter in Depressionen verfiel, weil sie nur ein Mädchen zur Welt gebracht hatte. Kein Wunder also, dass Christina sich in der Männerwelt wohler fühlte. Als König Gustav Adolph auf einem Schlachtfeld des Dreißigjährigen Krieges zu Tode kam, war sie sechs Jahre alt und einzige Thronerbin: ein selbstbewusstes Kind, das die stundenlangen Huldigungen des schwedischen Reichstags stolz entgegennahm.
Natürlich hatte sie Vormünder. Selbst regieren durfte sie erst nach ihrem 18. Geburtstag, der laut gregorianischem Kalender auf den 18. Dezember 1644 fiel. Sie verschwendete gewaltige Summen, um den bescheidenen Stockholmer Hof zu einem kulturellen Magnet von europäischem Rang auszubauen. Auch dass sie Hexenprozesse in Schweden verbot, ist ein Lichtblick ihrer Regentschaft. Und trotzdem machte es ihr keine Freude, Königin zu sein. Sie fand ihre Berater anstrengend und überflüssig, vor allem wenn sie sie auf Biegen und Brechen verheiraten wollten. Und in Stockholm war es kalt, es ging nüchtern und protestantisch zu, sie aber liebte Wärme und barocken Überschwang.
I did it my way