Frechheit siegt! dachte sich wohl der junge Ingenieur, als er bei Albert Einstein klingelte und verkündete, er wolle sein Sommerhaus bauen. Doch siehe da: Am 2. Oktober 1929 hatte der Nobelpreisträger wirklich ein Haus am See.
Es war eine unscheinbare Meldung in einem Informationsblatt der Holzindustrie, die im Frühjahr 1929 das Leben eines jungen Mannes verändern sollte.
Die Stadt Berlin will dem Nobelpreisträger Albert Einstein zu seinem 50sten Geburtstag ein Landhaus schenken, war darin zu lesen. Und - entscheidender Satz der Mitteilung - der weltbekannte Physiker wünschte sich ein Holzhaus. Nachdem der Architekt Konrad Wachsmann diese Zeilen gelesen hatte, verließ er noch am selben Vormittag sein Büro, eilte zum Bahnhof und fuhr in die 200 km nördlich gelegene Hauptstadt. Er war wild entschlossen: Das Haus für Albert Einstein, das baue ich!
Elsa Einstein kennt die Masche
Seit drei Jahren war Wachsmann Chefarchitekt der Firma Christoph & Unmack in Niesky. Er selbst war in Architektenkreisen ein No-Name, aber die Firma in der Ober-lausitz war die älteste und größte Spezialfabrik für Holzbauten aller Art.
"Was wollen Sie?", fragte Elsa Einstein barsch, als ihr der junge Mann am frühen Nachmittag in der Haberlandstraße 5 in Berlin gegenüber stand. Seit ihr Mann 1921 den Nobelpreis bekommen hatte, tauchten immer wieder Maler und Fotografen auf, die vorgaben, die Besten ihres Faches zu sein und Albert Einstein porträtieren wollten.
Wachsmann erklärte ihr den Grund seines Besuches und behauptete auch, der Beste seines Fachs zu sein, womit er den Bau von Holzhäusern meinte.
Als ihr der Unbekannte verriet, dass Chauffeur und Wagen vor der Haustür warteten und man gemeinsam das von der Stadt Berlin empfohlene Grundstück besichtigen könne, taute die rundliche Dame langsam auf. Dass die schicke Limousine samt Fahrer vom Berliner Büro seines Arbeitgebers ausgeliehen war, verschwieg der verwegene Besucher lieber.
Am Ende der mehrstündigen Besichtigungstour war das Eis gänzlich gebrochen und Elsa lud Wachsmann ein: "Kommen Sie doch morgen zum Abendessen, Einstein ist dann auch da."
Voller Euphorie zeichnete er schon auf der Rückfahrt erste Entwürfe. In Niesky angekommen, ging er in sein Büro und arbeitete die ganze Nacht durch. Am nächsten Morgen gab er seinen Ingenieuren und Zeichnern nur fünf Stunden Zeit, um diese Skizzen in konkrete Baupläne umzusetzen.
Grundsätzlich gefielen Einstein die Entwürfe. Einige zu modern geratene Details musste Wachsmann allerdings ändern, um sie dem eher konservativen Geschmack des Auftraggebers anzupassen.
Bauherr: Albert Einstein! Da wollte der junge Architekt natürlich keine Fehler machen, deshalb ließ er das Haus in einer riesigen Montagehalle probehalber aufstellen. Danach reiste er, begleitet von zehn Fachleuten aus Niesky, nach Caputh bei Potsdam und begann Ende August mit dem Bau des Sommerhauses.
Albert Einstein zahlt selbst
Ein Geburtstagspräsent ist daraus jedoch nie geworden. Wieso sollen wir diesem Juden ein Haus schenken?, hatten immer wieder Deutsch-Nationale den Bürgermeister gefragt, dessen Idee die Schenkung gewesen war. Als Einstein von diesen Streitigkeiten in der Berliner Regierung erfuhr, bezahlte er Grundstück und Haus aus eigener Tasche.