Millionenfach fotografiert, trotzdem einzigartig: Die Ruinen von Machu Picchu in Peru. Schon der amerikanische Eliteuni-Absolvent Hiram Bingham ließ sich dort ablichten, nachdem er die Inkastadt am 24. Juli 1911 "entdeckt" hatte.
Es gibt Orte, von denen ein geheimnisvoller Zauber ausgeht. Orte, an denen man gerne der Erste und Einzige sein würde, der sie entdeckt. Machu Picchu in den peruanischen Anden ist solch ein Ort. Eine in schwindelnder Höhe gelegene Ruinenstadt, die nur Furchtlose erklimmen können. Heißt es.
Hiram Bingham war US-Amerikaner, Mitte 30, blond, gut aussehend und furchtlos. Hiram Bingham wollte berühmt werden. Entdeckungsreisen schienen da Anfang des 20. Jahrhunderts eine gute Möglichkeit zu sein. Und mit dem großzügigen Sponsoring eines Öl-Multis im Rücken sollte dem Eliteuni-Absolventen bald der Durchbruch gelingen.
Nicht der Erste, aber der Cleverste
Bingham wollte unter anderem die Ruinen der letzten Festung der Inka erforschen und erhielt schon bald einen Tipp: Machu Picchu. Zugegeben, er war weder der Erste, der von Machu Picchu erfuhr, noch war er der Erste, der Machu Picchu entdeckte. Doch Bingham sollte der Erste sein, der Machu Picchu erforschte und der Weltöffentlichkeit präsentierte und gilt daher heute als Entdecker der Inka-Stadt.
Der Aufstieg zu den in etwa 2430 Metern Höhe gelegenen Ruinen erforderte Ausdauer und Mut. Am 24. Juli 1911 erreichte Hiram Bingham mit seinem Team das majestätisch in den Anden thronende Machu Picchu. Ein Ort, von dem ein Zauber ausging - nur nicht für Bingham. Er entschied, dass dieser von Urwald überwucherte Ruinenhaufen nicht das war, was er suchte. Und damit hatte er wohl ganz Recht. Auch nach neuesten Forschungserkenntnissen handelt es sich bei Machu Picchu nicht um die letzte Zufluchtsstätte der Inka, in der sich diese vor den spanischen Eroberern verschanzten.
Bis heute ist die Geschichte der sagenhaften Stadt Machu Picchu, die Platz für 2000 Menschen bot, über ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem verfügte und unzählige Höhlengräber beherbergt, nicht sicher geklärt.
Die Erforschung der Geheimnisse Machu Picchus überließ Bingham größtenteils seinen Assistenten. Ebenso wie die mühsame Freilegung der von Urwald überwucherten Ruinen. Erst Jahrzehnte später beschäftigte sich Bingham wieder mit Machu Picchu und war auf einmal davon überzeugt, es handele sich doch um die letzte Residenz der Inka.
Kleine Retusche für den Mythos
Seine Peru-Expeditionen sollten Bingham viel Ruhm bringen. Er selbst bastelte eifrig mit an seinem Mythos: Hiram Bingham - der Entdecker unerforschter
Inka-Bergpfade! Hiram Bingham, der sich abseits jeglicher Zivilisation durch den Urwald kämpft! Ein Telegraphenmast auf einem der Expeditionsfotos passte daher nicht so recht in dieses Heldenbild und wurde von Bingham kurzerhand wegretuschiert.
Was zu Binghams Zeiten noch als halsbrecherisches Abenteuer galt, ist heute ein Massenspaß. Alljährlich erklimmen unzählige Rucksackreisende über den sogenannten Inka-Trail den Machu Picchu, in der Hoffnung, möglichst der Erste und Einzige an diesem magischen Ort zu sein und später mit einem
"Einsamer-Held-vor-Inkaruinen" Foto die Daheimgebliebenen zu beeindrucken. Störend bei der Aufnahme des Beweisfotos in Pionier-Pose sind da bloß die rund 2000 anderen "Entdecker", die sich inzwischen täglich auf dem Machu Picchu tummeln. Aber, die lassen sich ja ganz leicht wegretuschieren ...