In den Zeiten, als man noch vom Sofa aufstehen musste, um den Sender zu wechseln, mochten wir Deutschen unser Fernsehprogramm. Wenn der Moderator uns damals fragte, ob wir seiner Meinung seien, sagten wir kollektiv ja, weil spitze! Aber das ist eine Weile her.
Einfach mal wieder was famos finden! Grandios, urkommod, prima. Ohne Wenn und Aber ganz dafür sein. Weil gut. Passt. Wunderbar. Naja, mögen manche meinen, schön wäre das schon - und sicherlich verbunden mit Freude, Genugtuung, Seelenfrieden. Schlichtweg schwierig sei es halt, so etwas "Superes" zu entdecken. Siehe zum Beispiel das deutsche Fernsehprogramm.
Der Kollege, der zwei Wochen krank daheim auf der Couch verbracht hat, sitzt erleichtert im Büro: Endlich keine nachmittäglichen Gerichtsshows mehr verfolgen müssen, Umzugsshows, Vaterschaftsanerkennungsshows, Kochshows mit Profis, mit Laien, mit Profis und Laien, mit Profis gegen Laien. Die beste Freundin hat die halbe Nacht damit verbracht, auf Facebook mitzudiskutieren, warum "Wetten, dass ..." wie und auf welche Weise, wenn überhaupt gerettet werden muss, darf, soll und vor allem kann. Wie gesagt, wenn überhaupt.
Wir sind der Meinung ...
Sind die Zuschauer zu kritisch? Ist das Programm zu schlecht? Oder passen wir eben nicht mehr zusammen, Zuschauer und Programm? Denn dass wir mal ein Herz und eine Seele waren, steht fest. Da musste der kleine Mann im dunklen Anzug mit den Moderationskarten in der Hand nur rufen: "Sie sind der Meinung, das war ..." - und Saalpublikum wie Sitzende vor dem Fernseher werteten unisono: "Spitze!" Der kleine Mann machte einen Luftsprung. Man war sich einig. Das jeden Monat, 90 Minuten lang, im ZDF.
Gut, als "Dalli Dalli" am 13. Mai 1971 das erste Mal ausgestrahlt wird, ist noch nicht alles perfekt. Hans Rosenthal - der mit den Moderationskarten - hat das Konzept zwar im Radio erfolgreich ausprobiert, doch auf dem Bildschirm ist es mit Quizfragen und Worträtseln nicht getan. Binnen 15 Sekunden: "Nennen Sie alle Opernhäuser, die Ihnen einfallen!", "Welche Berufe beginnen mit dem Buchstaben ... R?" Das ist nett, braucht aber fürs Fernsehen optische Unterfütterung.
Zusätzliche Aktionsspiele in der Studiokulisse müssen her. Also topfen die Mitspieler in den nächsten Folgen Geranien ein, stopfen Brät in Wurstdärme oder hängen Wäsche auf - alles innerhalb einer Minute, manchmal ohne Hilfe der Hände. Bilderrätsel werden eingebaut. Bei "Dalli-Klick" kommt nach und nach ein Dia zum Vorschein. Das Kandidatenpaar, das am schnellsten erkennt, was sich dahinter verbirgt, erhält den Punkt.
Überhaupt punktet auch die Sendung - quotentechnisch - durch die prominenten Kandidaten. Acht sind es jeweils, zu vier Pärchen sortiert. Chris Howland und Bill Ramsey treten zusammen an. Roberto Blanco und Michael Schanze. Christiane Hörbiger und Marianne Koch. Hildegard Hamm-Brücher und Kurt Biedenkopf. Gespielt wird um Spendengelder für Familien in Not.
Das war spitze!
Nach fünf Jahren Feilen am Erfolgskonzept wird "Dalli Dalli" in Ausgabe 53 interaktiv. Per Knopfdruck darf das Saalpublikum besondere Leistungen der Gäste würdigen und damit Extrapunkte verteilen. Warnleuchten drehen sich, Rosenthal ruft: "Sie sind der Meinung, das war ..." Antwort der Runde: "Spitze!" Rosenthal hüpft in die Höhe. Extrapunkt erteilt. Alle zufrieden.