Wir saßen mit unserem Gastgeber zu Tisch und mein Onkel verschlang alle Speisen gierig. Das aufgezwungene Fasten an Bord hatte aus seinem Magen einen tiefen Schlund gemacht und mein Onkel aß mit großem Appetit.
Das Gespräch wurde zum Teil auf Isländisch, zum Teil auf Deutsch oder Dänisch und teilweise auch in Latein geführt. So war es mir möglich, wenigstens zeitweise der Unterhaltung zu folgen.
Mein Onkel erkundigte sich angelegentlich nach der Bibliothek der Isländer und fragte Herrn Fridrickson, wo denn all die Bücher wären, die er ihm empfohlen hatte. "Die sind natürlich ausgeliehen.", erklärte Herr Fridrickson. "Wir Isländer lesen gern und viel. Kaum ein Fischer oder Bauer, der nicht lesen kann. Und Fremde, die unsere Bibliothek besuchen, können sich auch zu Hause in ihren eigenen Bibliotheken die Bücher ausleihen. Welche Bücher hofften Sie denn zu finden?" Mein Onkel überlegte, wie viel er von unserem Geheimnis preisgeben könne und sagte schließlich: "Haben Sie auch Werke von Arne Saknussemm in Ihrer Bibliothek?" Herr Fridrickson sah meinen Onkel ehrfürchtig an. "Sie meinen den großen Gelehrten des 16. Jahrhunderts? Den großen Reisenden, großen Alchemisten und großen Naturforscher? Die Zierde der isländischen Literatur und Wissenschaft?" Mein Onkel nickte begeistert. Da schüttelte Herr Fridrickson bedauernd den Kopf. "Nein. Seine Werke haben wir nicht. Er wurde - wie Sie sicher wissen - wegen Häresie verfolgt und 1573 hat der Henker seine Werke in Kopenhagen verbrannt."
Mein Onkel sprang auf. "Das erklärt natürlich alles. Ich verstehe jetzt, warum er auf den Index gesetzt wurde und gezwungen war, die Entdeckungen seines Genies zu verstecken. Darum hat er das Geheimnis in einem unverständlichen Kryptogramm versteckt." "Geheimnis?", fragte Herr Fridrickson interessiert. Mein Onkel sah in erschrocken an und setzte sich wieder. "Ach, es ist nichts. Nur so eine Vermutung." Herr Fridrickson sah die Verlegenheit meines Onkels und war so freundlich, nicht weiter in ihn zu dringen.
"Ich hoffe, Sie werden aus den mineralogischen Schätzen dieser Insel schöpfen.", knüpfte er den Gesprächsfaden weiter. "Es gibt immer noch viel zu erforschen und zu entdecken. Sie brauchen gar nicht weit zu gehen. Schauen Sie nur auf jenen Berg am Horizont. Es ist der Sneffels. Sein Krater wird nur selten besucht." Mein Onkel tat harmlos und fragte: "Ist der Krater des ... Seffel.. Fessel... wie war noch gleich der Name? Ist er erloschen?" "Sneffels!", half Herr Fridrickson. "Ja, der Vulkan ist seit fünfhundert Jahren erloschen."
Ich konnte mir das Grinsen kaum verkneifen, als ich sah, wie mein Onkel versuchte, eine Unschuldsmiene aufzusetzen. "Nun, Ihre Worte bringen mich zu einem Entschluss. Wir werden versuchen den Sneffels zu besteigen." Herr Fridrickson nickte. "Ich würde Sie gern begleiten, aber meine Lehrtätigkeit hält mich hier fest. Sagen Sie, Herr Lidenbrock, wie wollen Sie auf die Halbinsel gelangen?" "Mit einem Boot.", antwortete meine Onkel. Herr Fridrickson schüttelte den Kopf. "Es gibt in ganz Reykjavik kein Boot. Sie müssen den Landweg nehmen. Er ist interessant, auch wenn er länger ist. Ich kann Ihnen einen Führer vermitteln, wenn Sie wollen. Er spricht perfekt Dänisch und wird morgen hier ankommen." "Erst morgen.", brummte mein Onkel, als er einwilligte sich mit dem Führer zu treffen.