Zwei Tage später waren die Musketiere wieder in Paris und meldeten sich bei Herrn de Tréville zurück. Als der König wieder nach La Rochelle ritt, begleiteten sie ihn. Keiner von ihnen sprach ein unnötiges Wort und man hörte sie nicht lachen. Selbst der Wein schmeckte ihnen nicht mehr; lustlos saßen sie während einer Rast im Gasthaus.
D'Artagnan blickte aus dem Fenster und sprang auf, als er den Reiter erkannte. Er griff nach seinem Degen und rannte auf die Straße. Der Fremde von Meung hielt direkt vor ihm.
"Ah, endlich treffe ich Euch! Diesmal werdet Ihr mir nicht entkommen", rief er.
"Das ist auch nicht meine Absicht. Im Namen Seiner Eminenz verhafte ich Euch. Folgt mir bitte!"
"Wer seid Ihr?"
"Ich bin Graf Rochefort und habe Befehl Euch zum Kardinal zu bringen."
D'Artagnan übergab seinen Degen und gab sein Ehrenwort sich unverzüglich bei Kardinal Richelieu einzufinden. Seine Freunde begleiteten ihn und blieben vor der Tür stehen.
"Monsieur", begann Richelieu, "Ihr seid auf meinen Befehl verhaftet worden. Man klagt Euch an mit Frankreichs Feinden in Verbindung zu stehen und Staatsgeheimnisse belauscht zu haben."
"Wer beschuldigt mich? Etwas eine vom Henker gebrandmarkte Frau, die mit zwei Männer zur selben Zeit verheiratet war, ihren zweiten Mann vergiftet hat und mich ebenfalls vergiften wollte?"
Der Kardinal schien bestürzt. "Was redet Ihr da! Von wem sprecht Ihr?"
"Von Lady Clarick, oder der Gräfin Winter."
"Wenn die Gräfin diese Verbrechen begangen hat, so soll sie schwer bestraft werden."
"Die Frau ist bereits gerichtet. Sie ist tot."
"Tot?" Den Kardinal ergriff ein Grauen und er schwieg lange. "Ihr habt Euch also selbst als Richter aufgeworfen. Das ist ebenfalls strafbar und kommt einem Mord gleich."
"Wenn ich nicht d'Artagnan hieße, könnte ich Eurer Eminenz antworten, dass ich den Gnadenbrief, der mich in jedem Fall retten würde, in der Tasche trage. Er wurde von Euch selbst unterzeichnet."
Wortlos überreichte er dem Kardinal jenes Schreiben, das Athos Mylady entrissen hatte. Richelieu las es und zerriss es in kleine Stücke.
Ich bin also verloren, dachte d'Artagnan. Aber er war entschlossen, dem Kardinal zu zeigen, wie ein Edelmann stirbt. Er verneigte sich schweigend, als wolle er sagen: Euer Wille geschehe.
Der Kardinal trat an den Arbeitstisch, schrieb im Stehen einige Worte auf ein Pergament, das zur Hälfte bereits beschrieben war. Dann drückte er sein mächtiges Siegel darauf.
"Hier, Monsieur", sagte er, das Pergament d'Artagnan in die Hand drückend, "habt Ihr einen Freibrief für jenen, den ich Euch eben abgenommen habe. Es fehlt nur noch der Name, den müsst Ihr selbst einsetzen."
D'Artagnan warf einen Blick auf das Blatt. Es war eine Ernennungsurkunde zum Leutnant der Musketiere. Er stürzte dem Kardinal vor die Füße. "Monseigneur, mein Leben gehört Euch. Wie habe ich diese Gunst verdient? Ich habe drei Freunde, die ihrer viel würdiger wären."
"Ihr seid ein tapferer junger Mann! Macht damit, was Ihr wollt." Dann rief er Rochefort. "Rochefort, hier stelle ich Euch d'Artagnan vor, der jetzt zum Kreise meiner Freunde gehören wird. Umarmt einander, meine Herren."
Der Kardinal lächelte voller Ironie, wusste er doch, dass die beiden spinnefeind waren. Dennoch kamen sie dem Befehl nach. Vor der Türe hörten sie jedoch mit den Freundlichkeiten auf und verabredeten sich zu einem Duell.
Athos empfing seinen Freund mit einem freudigen Lächeln. "Wir wurden schon ungeduldig."
"Ja, Freunde, da bin ich wieder. Ich bin nicht nur frei, sondern erfreue mich der Gunst der Kardinals. Heute Abend erzähle ich Euch alles."
Am Abend ging er zuerst zu Athos, der vor einer Flasche spanischem Wein saß. Er erzählte ausführlich und überreichte seinem Freund schließlich die Urkunde. "Nimm, was dir vor uns allen am meisten gebührt!"
Athos lächelte. "Nein, nein. Für Athos wäre es zu viel, für den Grafen de la Fère zu wenig. Es ist deine Beförderung."
D'Artagnan erhob sich und suchte Porthos auf. Er traf ihn vor dem Spiegel in einem prächtigen neuen Rock.
"Wie sehe ich aus?", fragte Porthos.
"Wundervoll, aber ich bin gekommen um dir einen schöneren anzubieten. Den Leutnantsrock!"
Als er Porthos alles erzählt hatte, erklärte der: "Als wir nach Béthune ritten, ist der Gatte meiner Herzogin gestorben. Sie ist sehr reich und wir werden heiraten. Behalte deine Beförderung. Du hast sie mehr als verdient."
D'Artagnan ging Stirn runzelnd zu Aramis. Er traf ihn betend. Auch er wies das Leutnantspatent ab und erklärte, dass er den Entschluss gefasst habe, ins Kloster einzutreten.
Halb lachend und halb weinend kehrte er zu Athos zurück, der beim letzten Glas saß und rief: "Auch sie haben mich abgewiesen!"
"Ganz einfach", lächelte Athos, "keiner ist dieser Gunst würdiger als du!" Er nahm eine Feder und setzte d'Artagnans Namen auf das Pergament.