Rein technisch betrachtet hielt sich ihr Aufwand in Grenzen, dennoch war Amalie Auguste Melitta Bentz eine große Erfinderin. Sie schenkte der Welt der Kaffee-Freunde die Filtertüte. Am 20. Juni 1908 erhielt sie darauf das Patent.
Wer kennt sie nicht, die täglichen Ärgernisse des Alltags: Den Popcorn-Krümel, der während der Kinovorstellung im Zahnzwischenraum stecken bleibt und die Zunge zu akrobatischen Höchstleistungen herausfordert. Oder die Brotstückchen, die jeden Morgen im Toaster stecken bleiben und in der Küche den Geruch eines mittleren Waldbrandes verbreiten? Und was tun wir? Nichts! Wir denken rasch an etwas anderes und beim nächsten Mal ärgern wir uns aufs Neue.
Hammer, Nagel, Löschpapier
Amalie Auguste Melitta Bentz war da anders. Sie wollte sich nicht ihr Leben lang über die täglichen Kaffeekrümel zwischen ihren Zähnen ärgern. Denn zu ihrer Zeit, Anfang des 20. Jahrhunderts, wurde das Kaffeepulver noch komplett mit Wasser aufgebrüht und dann durch ein Sieb abgeschüttet. So blieb in der Tasse stets ein bitterer Nachgeschmack: der Kaffeesatz. Ein Ärgernis, dessen sich die Hausfrau Bentz zu erwehren wusste. Mit Hammer und Nagel durchlöcherte sie den Boden einer Konservendose. Aus dem Schulheft ihres Sohnes schnitt sie das Löschpapier und legte es in die Dose hinein und schon war die Filtertüte erfunden. Am 20. Juni 1908 erhielt Melitta Bentz vom kaiserlichen Patentamt "Gebrauchsschutz" für ihr Filterpapier und dies war der Beginn einer ganz neuen Kaffeekultur.
"Melitta macht Kaffee zum Genuss" lautet bis heute das Logo des Mega-Konzerns, der aus dieser simplen Idee entstand. Und tatsächlich ermöglicht das Handfiltern, dass sich die Aromastoffe des Kaffees lösen und sich das breite Duftspektrum der Kaffeebohne entfalten kann. Der Kaffee verdankt seinen Duft übrigens dem perfekten Zusammenwirken von Substanzen, die einzeln betrachtet nach Erde, Schweiß, Butter oder Katzenurin riechen. Doch das nur nebenbei. Wesentlicher ist, dass ohne Melitta Bentz der Kaffee wohl kaum zum Lieblingsgetränk der Deutschen geworden wäre - vor Bier und Mineralwasser.
73 Pfennig Startkapital
Dazu gehört auch, dass sie ihre Erfindung geschickt an den Mann bzw. die Frau zu bringen wusste. Um ihr neues Produkt bekannt zu machen, veranstaltete sie zunächst Kaffeekränzchen in ihrem Hause - es waren die ersten ihrer Art. Ihr Mann gab kurz nach der Firmengründung - mit übrigens 73 Reichspfennig Startkapital - seine Stelle in einem Kaufhaus auf und warb in Schaufenstern für die Filtertüte. Auch das soll damals eine ganz neue Vorgehensweise gewesen sein. Melittas Söhne brachten indessen die Ware im Handkarren zum Fachhandel. Der Umsatz wuchs rasant. Was wohl auch daran lag, dass mit der zunehmenden Industrialisierung immer mehr Menschen immer mehr arbeiten mussten und sich mit Kaffee wach hielten.
1929 zog der Betrieb von Dresden ins westfälische Minden - wo er noch heute steht, mit weit über 3.000 Beschäftigten. Was uns das lehrt? Ein kleiner Krümel kann Anstoß zu etwas ganz Großem sein!