Dass aus einem harten Teigklumpen im Ofen nicht von alleine ein weiches luftiges Brot wird, weiß der Mensch, seitdem er bäckt. Am 21. September 1903 meldete August Oetker seine Backzusatz-Mischung zum Patent an.
Im Jahr 1891 wurden im Hause des Apothekers Dr. August Oetker zahllose Kuchen gebacken - im Namen der Wissenschaft. Seine Frau hatte von ihm den Auftrag herauszufinden, wie viel eines feinen, weißen Pulvers man 500 Gramm Mehl beimischen sollte, damit ein luftig-lockeres Prachtexemplar aus dem Ofen kommt.
Mit Hirschhornsalz und Pottasche
Die Geschichte von Backzusätzen ist sehr alt - denn es war schon früh klar, dass ein Teig, um zu Brot zu werden, eines Treibmittels bedarf. Noch heute feiern die Juden das Pessach-Fest, das daran erinnert, wie es damals war, als die Israeliten bei der Flucht aus Ägypten mangels Sauerteig hartes, trockenes Brot essen mussten: Matzen, knäckeartige Platten, die wenig sättigten. Egal, was die Menschen dem Brotteig seinerzeit zusetzten, damit er aufging - die Varianten reichten von Sauerteig über Hefe bis zu Hirschhornsalz und Pottasche - das Backen war dadurch eine zeitraubende Angelegenheit. Und auch eine heikle, ging es doch darum, sowohl die Dosis als auch die Dauer ganz genau zu beachten. Trotzdem kamen die Menschen bis 1830 auf keine entscheidende Idee zur Erleichterung.
Dann - Anfang des 19. Jahrhunderts wurde Deutschland von Hungersnöten geplagt, Grundnahrungsmittel wurden knapp. Und das knappe Lebensmittel Brot war nicht nur schwer herstellbar, sondern auch leicht verderblich. Damit nicht genug: Für die Herstellung braucht man sehr viel Mehl, allein, um die Hefe zum Gären zu bringen. Der Chemiker Justus von Liebig suchte nach einer Möglichkeit, das zu ändern; er hatte ausgerechnet, dass man landesweit 400.000 mehr Menschen mit Brot versorgen könnte, wenn man auf die Hefegärung verzichtete. Liebig probierte es mit Natron - auch Soda genannt - als Hefeersatz. Es funktionierte. Das Salzmineral setzt beim Backen die im Salz gebundene Kohlensäure frei; sie wird gasförmig und sorgt dafür, dass der Teig aufgeht. Problematisch war allerdings die in dem Prozess beteiligte Salzsäure; daher sann Liebig darauf, sicherere Verfahren zu entwickeln. Andere Wissenschaftler arbeiteten ebenfalls an einer Rezeptur. Schon im Amerikanischen Bürgerkrieg kamen die Backtriebmittel erfolgreich zum Einsatz.
Mit Doktortitel und Backrezept
Dr. Oetker, der sein "Backin" am 21. September 1903 patentieren ließ, war also nicht dessen Erfinder - aber er war es, der es in alle Küchen trug. Nachdem seine Frau mit ihren Backexperimenten die ideale Menge Pulver für 500 Gramm Mehl ermittelt hatte, verkaufte er es in portionierten Päckchen zu je zehn Gramm mit seinem Namenszug samt Doktortitel und Backrezepten auf der Rückseite. Von seiner neuen Fabrik aus versorgte er bald das ganze Deutsche Reich. Er wurde zum Vater des Produktmarketing im großen Stil - gemäß seinem Leitsatz: "Wie kann die Welt wissen, dass du etwas Gutes tust, wenn Du es ihr nicht anzeigst?"