Die erste Ampel war eine großartige Idee - am 10. Dezember 1868 wurde sie in London aufgestellt, damit die Leute vor den "Houses of Parliament" heil über die Straße kommen konnten. Dann kam alles anders.
Wir drängeln, wir schneiden und bremsen einander aus. Wir beleidigen, wir spucken, wir prügeln, und wenn wir uns "behindert" fühlen, gehen wir sogar mit Warndreieck und Wagenheber aufeinander los. Aggressionen auf der Straße nehmen zu, beklagen Verkehrsexperten. Wegen zehn Meter Vorsprungs fliegen die Fetzen - für einen freien Parkplatz riskieren Autofahrer ihren guten Ruf, ja - Leib und Leben: "High Noon" im deutschen Straßenverkehr.
Besonders häufig entlädt sich die Kampfstimmung vor Ampeln. Gerade dort, wo alle einen Gang runter schalten sollten, sehen viele Verkehrsteilnehmer Rot: Wie viele Autofahrer mit tadellosem Führungszeugnis vor einer Lichtsignalanlage wohl schon zum Verkehrsrowdy geworden sind? Moment einmal - Licht-Signal-Anlage! Ganz recht - mit dem komplizierten Ding ist nicht zu spaßen: lichttechnische Knechtung, wohin man sieht. Angeblich ist kein anderes Straßennetz so zugeampelt wie das in Deutschland.
Tödliche Konstruktion
"Rot für Halt, Grün für Fahren" - eine Regel, die älter ist als das Auto - Schiffe und Eisenbahnen richteten sich schon viel länger danach. Im Straßenverkehr wurde die weltweit erste Verkehrsampel aufgestellt, um Pferdekutschen im Zaum zu halten - am 10. Dezember 1868 in London vor den "Houses of Parliament". Nach unzähligen Zwischenfällen auf der verstopften Kreuzung sollten die Abgeordneten endlich sicher über die Fahrbahn kommen. Die neue Apparatur bestand aus einer schlanken Konstruktion mit zwei Eisenbahn-Signalflügeln, die von einem Verkehrspolizisten per Fußschalter bewegt wurden. An der Spitze leuchtete nachts eine drehbare Gaslaterne mit rotem beziehungsweise mit grünem Licht. Leider stellte sich schnell heraus: Statt für mehr Sicherheit zu sorgen, war ausgerechnet die Ampel eine zusätzliche Gefahrenquelle: Die Pferde scheuten, Passanten gerieten unter die Hufe. Als schließlich beim Anzünden der Gasleuchte ein Polizist ums Leben kam - das Ding war ihm unter den Händen explodiert - verlosch mit der Ampel auch das Interesse an ihr. Bis zur Einführung des elektrischen Lichts mussten die Londoner Abgeordneten wieder ohne Signalhilfe über die Straße.
Tödliches Falschparken
Nun, eine Ampel kann es höchstwahrscheinlich nicht allen recht machen. In jedem Fall ist sie ein Kompromiss. Ein fauler Kompromiss - möglicherweise - aber doch kein Grund, sich entmündigt und gedemütigt zu fühlen!
Wem das nicht einleuchtet: Im Vergleich zu früher sind heutige Verkehrsregelungen geradezu wohlwollend, wenn nicht gar menschenfreundlich. Um 700 vor Christus zum Beispiel, da stellte der Assyrerkönig Sanherib unerlaubtes Parken vor seinem Palast unter Strafe: "Königliche Straße. Niemand darf sie entehren!" Ein Übertreten des Gebots wurde mit dem Tod durch Pfählen bestraft.