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Andrea erzählt 20: Die Geschichte vom Guggisberglied

时间:2014-03-27来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: Geschichte
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, herzlich willkommen zur Sendung «Andrea erzählt» vom 8. November 2013. Es freut mich sehr, sind Sie wieder dabei.
Der November ist für viele Menschen ein schwieriger Monat: Er ist dunkel und das Wetter ist oft schlecht. Das macht müde und traurig. Ich selbst habe den November sehr gern. Es gefällt mir, wenn ich zuhause ein Buch lesen kann, eine Tasse Tee trinken und Musik hören. Ich finde, traurige Musik passt jetzt am besten.
Dabei fällt mir auf: In der Schweiz gibt es fast keine traurigen Volkslieder [1]. Das finde ich interessant, denn wir Schweizer gelten [2] ja nicht als besonders lustige Menschen. Trotzdem gibt es nur ein einziges Lied, das so richtig traurig ist. Das «Guggisberglied». Es ist das berühmteste und älteste Schweizer Lied. Seine Worte sind sehr schwierig zu verstehen, sie sind wie ein Rätsel oder ein Gedicht. Man sagt, es erzähle eine wahre Liebesgeschichte. Diese möchte ich Ihnen heute erzählen. Weil man so wenig darüber weiss, musste ich ein paar Dinge dazu erfinden. Aber nicht viele. Viel Vergnügen!
 
***
Vor dreihundertfünfzig Jahren war die Schweiz ganz anders als heute. Es gab nur wenige Menschen und diese waren oft sehr arm. Mitten in dieser Schweiz gab es ein Dorf. Es hiess Guggisberg. Es lag zwischen weichen Wiesen am Fuss des Guggerhorns. Das war ein runder, alter Berg. Die meisten Menschen hier waren arme Bauern. Nur ein paar wenige hatten grosse Bauerhöfe und waren reich.
 
Zu ihnen gehörte auch der Linden-Bauer. Er hatte den grossen, schönen Linden-Hof, viel Land und mehr als hundert Kühe. Doch schon bald wurde er sehr krank und rief seine junge Tochter Vreneli. Er sagte zu ihr: «Ich werde bald sterben und muss dich alleine lassen. Aber ich bin froh, dass du wenigstens nicht arm sein wirst. Der Linden-Hof soll dir gehören.» Danach schloss der Linden-Bauer seine Augen und starb.
 
Man kann sich gut vorstellen, was jetzt im Dorf passierte: Vreneli war jung und schön und jetzt gehörte ihr auch noch der grössten Hof von allen. Natürlich wollte jeder sie heiraten. In jener Zeit [3] dachten die Männer nämlich, dass Frauen ohne Männer nicht leben könnten. Darum kam auch sofort der reiche Herr Ammann vom grossen Zelg-Hof zu ihr. Er sagte: «Du armes Vreneli, ab sofort werde ich dir bei allem helfen. Du bist ja nur eine junge Frau und weisst nicht, wie man einen Hof führt.» Das stimmte zwar nicht. Trotzdem sagte der Herr Ammann Vreneli von nun an, was sie tun musste, wann welche Kühe verkauft werden sollten und welche Männer und Frauen für sie arbeiten durften.
 
Der Herr Ammann tat dies nicht etwa, weil er ein netter Mensch war. Nein, er hatte einen Plan [4]. Er sagte sich: «Wenn ich dem schönen Vreneli helfe, dann muss sie meinen Sohn Gottfried heiraten. Und schon bald gehören unserer Familie die beiden grössten Höfe von Guggisberg und wir werden leben wie die Könige [5].»
 
Gottfried gefiel die Idee seines Vaters. Er lachte und sagte: «Vreneli ist das schönste Mädchen in Guggisberg und sie muss mich einfach heiraten. Ich bin reich und schön. Und alle Mädchen im Dorf wollen mich. Sie wäre doch schon sehr blöd [6], wenn sie ‚nein’ sagen würde.» Aber Gottfried hatte sich getäuscht [7].
 
Als er zu Vreneli ging und sagte: «Du hast Glück, kleines Vreneli. Ich werde dich heiraten», antwortete sie freundlich: «Lieber Gottfried. Es freut mich, dass ich dir gefalle. Und es ist sehr lieb von dir, dass du mich heiraten möchtest. Ich danke dir. Doch ich liebe schon einen anderen Mann.» Gottfried wurde sehr wütend und sagte: «Das glaube ich dir nicht. Wer soll das denn schon sein? Niemand hier ist so reich und schön wie ich.» Vreneli antwortete: «Das stimmt. Aber mein Hof ist gross genug. Ich brauche kein Geld. Ich brauche nur Liebe. Darum heirate ich Simes Hans-Joggeli.»
 
Simes Hans-Joggeli war der Sohn von Simon, dem armen Schatten-Bauer. Der hiess so, weil sein Hof im Schatten des Guggerhorns lag. Dort schien fast nie die Sonne. Darum wuchs das Gras schlecht und die Kühe blieben dünn und gaben fast keine Milch. Doch Vreneli störte das nicht. Denn Simes Hans-Joggeli war ein sehr freundlicher und sanfter Mann. Und er liebte sie.
 
Gottfried aber war wie viele reiche Menschen: Er glaubte, dass alle das tun müssten, was er wollte. So sagte er zu seinem Vater: «Vreneli liebt den Simes Hans-Joggeli, den armen Sohn des Schatten-Bauers. Und sie will ihn heiraten. Das geht nicht. Sie muss mich nehmen. Du musst ihr das befehlen [8]!»
 
Der Herr Ammann antwortete: «Das kann ich leider nicht, auch wenn ich es sehr gern tun würde. Aber ich habe eine Idee, wie du das Vreneli trotzdem bekommen kannst: Du gehst heute Nacht zu Simes Hans-Joggeli und verprügelst [9] ihn so lange, bis er dir verspricht, dass er das Vreneli nicht heiratet.» Gottfried war zufrieden.
 
Noch in der gleichen Nacht ging er um das Guggishorn herum auf den Schatten-Hof. Dort stellte er sich nah ans Haus und rief: «Simes Hans-Joggeli, sei ein Mann [10] und komm herunter. Ich muss mit dir reden.» Als Simes Hans-Joggeli aus dem Haus kam, schlug Gottfried ihn sofort auf den Kopf und schrie: «Das Vreneli gehört mir. Hast du verstanden? Ich höre nicht auf, dich zu schlagen, bis ich gewonnen habe.»
 
Doch Hans-Joggeli schlug zurück. Und er war viel stärker als Gottfried. Schon bald lag der am Boden und bewegte sich nicht mehr. Da bekam Hans-Joggeli grosse Angst und sagte: «Oh nein, was habe ich nur getan! Ich habe ihn getötet. Das wollte ich doch nicht.» Er weinte und dachte: «Ich muss weg. Sonst werden sie auch mich töten. Oh, du armes Vreneli, jetzt bist du ganz alleine.»
 
So kam es, dass Simes Hans-Joggeli mitten in der Nacht von zuhause weglief und niemandem sagte, wohin. Er tat das Einzige, was ein armer Schweizer damals tun konnte: Er wurde Soldat in einem fremden Land.
 
***
 
So lebte der arme Simes Hans-Joggeli viele Jahre in fremden Ländern und kämpfte in fremden Kriegen. Als er einmal im Norden kämpfte, kam ein neuer Schweizer Soldat zu seiner Gruppe. Simes Hans-Joggeli erschrak: Der junge Mann kam wie er aus Guggisberg. Simes Hans-Joggeli dachte: «Wenn er mich erkennt, dann weiss er jetzt, wo der Mörder [11] von Gottfried ist und ich muss doch noch sterben.» Der junge Mann erkannte ihn tatsächlich. Aber er freute sich einfach sehr, ihn zu sehen und sagte nichts über einen Mord.
 
Einmal an einem Abend sassen alle Soldaten zusammen beim Feuer und tranken Wein. Da wurde Simes Hans-Joggeli mutig und frage den jungen Mann: «Wie geht es eigentlich dem Herrn Ammann? Er ist doch sicher sehr wütend, weil ich seinen Sohn getötet habe.» Doch der junge Mann schaute ihn nur an und antwortete: «Wovon spricht du? Gottfried ist doch nicht tot. Er hat allen gesagt, dass du weggegangen seist, weil du Vreneli nicht geliebt hättest. Und dann hat er sie selbst geheiratet.»
 
Man kann sich gut vorstellen, wie Simes Hans-Joggeli sich fühlte. Ein Teil von ihm war so froh, dass er nun doch kein Mörder war. Aber der andere Teil von ihm war unendlich [12] traurig, dass er Vreneli ohne Grund verlassen hatte. Er sagte: «Du armes Vreneli, jetzt wird alles gut.» Und noch in der gleichen Nacht packte er seine paar wenigen Sachen und ging nach Guggisberg zurück.
 
20131108 D Romeo und Julia auf dem Dorfe Wrtenberger 6
 
Simes Hans-Joggeli war viele Wochen zu Fuss unterwegs. Und als er endlich nach Guggisberg kam, kannte ihn dort keiner mehr. Er ging zum Schatten-Hof. Dort lebte noch immer sein Vater. Aber er war schon sehr alt und blind [13]. Als er die Stimme seines Sohnes hörte, sagte er: «Hans-Joggeli? Bist du das wirklich? Oh, wie schön, dass du doch noch nach Hause gekommen bist! Ich habe jeden Tag dafür gebetet!»
 
Hans-Joggeli umarmte seinen Vater und sagte: «Lieber Vater, jetzt wird alles gut. Ich werde mit Vreneli zusammen sein und wir beide werden gut auf dich aufpassen.» 
Da sagte der Vater: «Ich verstehe dich nicht. Vreneli ist doch schon lange tot. Sie musste doch den Gottfried heiraten, weil du weggegangen bist. Das war so schlimm für sie, dass sie aus Traurigkeit gestorben ist.»
 
So wurde keiner dieser drei Liebenden jemals glücklich. Und für uns bleibt nur ein Lied, das so schön ist, wie die ganz grosse Liebe. Hier die ersten beiden Strophen, die man nicht wirklich auf Deutsch übersetzen kann:
 
«S isch äben e Mönsch uf Ärde - Simelibärg!
- Und s Vreneli ab em Guggisbärg
Und ds Simes Hans-Joggeli änet dem Bärg
- es isch äben e Mönsch uf Ärde,
woni möcht bi-n-ihm si.
 
Und man er mir nid wärde – Simelibärg
- Und s Vreneli ab em Guggisbärg
Und ds Simes Hans-Joggeli änet em Bärg
- und man er mir nid wärde, vor Chumer stirbe-e-ni»
 
***
 
Es ist traurig, nicht wahr? Wenn Sie sich das ganze Guggisberglied anhören möchten, finden Sie im Internet viele schöne Varianten davon. Meine liebste ist von Stephan Eicher, einem bekannten Schweizer Musiker. 
Nun wünsche ich Ihnen, dass Sie sich nicht traurig machen lassen vom November, sondern diese Zeit und Ruhe geniessen können.
Es würde mich sehr freuen, wenn Sie auch am 22. November 2013 wieder auf www.podclub.ch mit dabei sind, wenn es heisst «Andrea erzählt.» Dann erzähle ich Ihnen «Die Geschichte von den goldenen Kohlen». Auf Wiederhören!
 
 
 
[1] Volkslied (das): Lied, das traditionell zu einem Land oder einer Kultur gehört, meist sind solche Lieder alt
[2] gelten: bedeuten, angesehen werden als, einen Wert haben
[3] in jener Zeit: damals
[4] Plan (der): eine Idee, wie etwas weitergehen soll und was am Schluss dabei herauskommen soll
[5] Leben wie die Könige (Redewendung): Ein reiches Leben mit Dienern haben und allen anderen sagen können, was sie tun müssen
[6] blöd: dumm
[7] täuschen, sich: etwas Falsches denken und meinen, dass es stimme
[8] befehlen: jemandem streng sagen, was er tun muss 
[9] verprügeln: schlagen, zusammenschlagen
[10] sei ein Mann (Redewendung): sei nicht feige, tu was du tun musst
[11] Mörder (der): Killer, jemand, der einen Menschen getötet hat
[12] unendlich: ohne Ende, Ausdruck für sehr fest
[13] blind sein: nicht sehen können, meist wegen einer Augenkrankheit 
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