Ich brauchte frische Luft und verließ das Haus in der Königstraße. Die Luft der Straßen Hamburg reichte nicht aus, um meine Erregung abzukühlen. Schließlich ging ich hinunter zum Elbufer. In meinem Kopf wirbelten so viele Gedanken. Hatte ich mich vom Professor überrumpeln lassen? Wo endete die Wahrheit und wo begann der Irrtum? Ich schwankte zwischen tausend widersprüchlichen Hypothesen und schließlich war ich mich sicher, dass die Expedition Wahnsinn war. ‚Es ist Wahnsinn! Es ist völlig absurd!', sagte ich zu mir.
Ich war inzwischen am Ufer der Elbe um die Stadt herumgegangen und hatte die Straße nach Altona erreicht. Plötzlich sah ich Grete auf mich zukommen. "Grete.", rief ich überrascht. "Axel.", antwortete sie erfreut. "Kommst du mir entgegen, um mich abzuholen?" Sie sah mich freundlich an. Dann fragte sie besorgt: "Ist alles in Ordnung?" Da brach es aus mir heraus und ich erzählt ihr in zwei Sekunden und drei Sätzen, was der Onkel mit mir vorhatte. Grete hörte zu und dann sagte sie: "Das wird eine schöne Reise werden, Axel. Sie wird dich auszeichnen diese Reise. Und wäre ich nicht ein schwaches Mädchen, das euch nur belastet, so würde ich am liebsten mit euch gehen!"
Mir blieb der Mund offen stehen. Da versteh' einer die Frauen. Entweder sind sie die ängstlichsten oder die tapfersten Wesen auf Gottes Erdboden. Grete ermutigte mich, an der Expedition teilzunehmen. Ich war fassungslos. Die Aufregungen des Tages waren zuviel für mich gewesen. Grete und ich gingen Hand in Hand, aber schweigend nach Hamburg zurück. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass der 1. Juli noch fern war. Es könnte noch alles Mögliche geschehen, was die Expedition verhindern könnte.
Als wir zu Hause ankamen, traute ich meinen Augen nicht. Ich hatte erwartet, das Haus wie immer vorzufinden. Mein Onkel schon im Bett und Martha mit letzten Arbeiten beschäftigt. Aber so war es nicht. Mein Onkel stand auf der Straße und gestikulierte heftig unter einer Schar von Dienstmännern, die viele Dinge auf die Straße trugen. Martha stand daneben und wusste nicht ein noch aus.
"Axel!", rief mein Onkel ärgerlich. "Dein Koffer ist noch nicht gepackt. Wir reisen übermorgen ab und du gehst spazieren, statt hier zu sein. Meine Papiere sind noch nicht in Ordnung. Und wo sind meine Gamaschen?" "Wir reisen ab?", stammelte ich und floh in mein Zimmer. Ich wollte nichts mehr davon hören. Unten auf der Straße lagen die Gegenstände, die mein Onkel sich am Nachmittag für die Expedition besorgt hatte: Strickleitern, Seile, Spitzhacken, Fackeln, Feldflaschen, Steigeisen und eisenbeschlagene Stöcke. Ich ging ins Bett, konnte aber nicht schlafen und fühlte mich am nächsten Morgen schrecklich. Es war Grete, die mich weckte. "Nun Axel, du siehst viel besser aus als gestern. Ach Axel, ich bin sicher, dass Professor Lidenbrock sein Ziel erreichen wird. Es ist doch schon, sein Leben der Wissenschaft zu weihen. Und Professor Lidenbrock wird Ruhm erringen, der auf seine Begleiter zurückfallen wird. Wenn ihr wieder da seid, bist du ein Mann, wie er."
Gretes Worte gaben mir neuen Mut und wir gingen in das Arbeitszimmer meines Onkels. "Warum fahren wir jetzt schon?", fragte ich ihn. "Wir haben erst den 26. Mai." Mein Onkel sah mich an. "Was weißt du schon. Es ist nicht einfach, nach Island zu reisen. Von Kopenhagen geht nur einmal im Monat ein Schiff nach Reykjavik. Wenn wir erst am 22. Juni fahren, sind wir zu spät. Also müssen wir schleunigst nach Kopenhagen und ein anderes Schiff finden, das uns nach Reykjavik bringt. Pack jetzt deine Sachen zusammen. Wir reisen morgen früh um sechs."
Es gab keine Widerrede. Grete begleitete mich in mein Zimmer und packte mit geschickten Händen meinen Koffer. Als der letzte Riemen zugeschnallt war, gingen wir hinunter ins Erdgeschoss. Dort waren noch physikalische Instrumente, Waffen und elektrische Apparate geliefert worden. Martha war verzweifelt. "Wo wollt ihr denn nur hin?" Ich zeigte mit dem Finger zum Mittelpunkt der Erde. "In den Keller?", rief Martha verwirrt. "Noch viel tiefer.", antwortete ich dumpf. In dieser Nacht schlief ich wieder schlecht und träumte von unzähligen Abgründen. Mit der wachsenden Geschwindigkeit fallender Körper fiel ich immer tiefer.
Um fünf Uhr morgen erwachte ich und ging ins Esszimmer. Mein Onkel und Grete waren schon da. Mein Onkel verschlang Unmengen, aber ich konnte nichts essen. Um halb sechs hörte man lautes Rattern auf der Straße. Der Wagen, der uns zur Bahn nach Altona bringen sollte, rollte vor. Mir wurde schwarz vor Augen, ich konnte nicht mehr gegen mein Schicksal ankämpfen. Grete berührte mit ihren süßen Lippen meine Wange. "Geh, mein lieber Axel. Du verlässt deine Braut und bei deiner Rückkehr wird sie deine Frau." Mein Onkel übergab meiner hübschen Vierländerin die Zügel seines Hauses und verabschiedete sich von Martha und Grete. Ich schloss Grete ein letztes Mal in die Arme. Dann stiegen wir beide in die Kutsche. Martha und Grete winkten uns nach, während die Pferde sich in Richtung Altona in Bewegung setzten.