Zwei Straßen weiter, als die fröhliche junge Familie an dem Getränkeladen vorbeikam, blieben die Jungen stehen, doch die Eltern zogen sie weiter, als hätten sie ihre sehnsüchtigen Blicke nicht bemerkt. Erst vor dem Fotoatelier machte Song Fanping halt und erklärte vergnügt, jetzt würden sie ein Familienfoto machen lassen - er hatte völlig vergessen, wie verbeult sein Gesicht war. Li Lan rief ihm nach, sie könnten das doch auf später verschieben, aber er stand schon in dem Laden und forderte sie durch die Schaufensterscheibe mit energischer Geste auf, mit den Kindern endlich auch hereinzukommen. Vergeblich, denn sie rührte sich nicht von der Stelle.
Song Fanping hatte inzwischen dem Fotografen erklärt, dass er sich und seine Familie ablichten lassen wolle. Erst als der Mann ihn entgeistert anstarrte, dämmerte auch ihm, dass dies vielleicht nicht der geeignete Tag für ein Familienfoto war. Den Kopf prüfend zur Seite geneigt, musterte er sein Gesicht in dem Spiegel, der in dem Atelier hing, und sagte dann zu dem Fotografen: »Na gut, heute also doch nicht. Meine Frau meint, wir sollten es auf später verschieben.«
Dieses kleine Erlebnis hatte ihn so belustigt, dass sich erst Li Lan und dann auch die Kinder von seiner Fröhlichkeit anstecken ließen. Allerdings hatten die Jungen keine Ahnung, worüber sie eigentlich lachten.
Li Lan befand sich seit ihrer Hochzeit mit Song Fanping in einem Zustand permanenter Hochstimmung. Nachdem ihr erster Mann in der Jauchegrube der öffentlichen Toilette ertrunken war und sie sich sieben Jahre lang mehr schlecht als recht allein durchschlagen musste, hatte sie sich etwas gehen lassen und ihr Haar in einem unordentlichen Dutt aufgesteckt. Jetzt aber war sie wieder dazu übergegangen, es zu einem Zopf zu flechten, wie sie es als junges Mädchen getan hatte noch dazu mit zwei roten Bändern an den Enden! Ihr Gesicht war plötzlich rosig geworden, als hätte sie eine Ginseng-Kur gemacht, ihre Migräne war wie weggeblasen, und statt der schmerzlichen Seufzer der vergangenen sieben Jahre vernahm man nun öfter einmal ein munteres Liedchen aus ihrem Munde. Auch ihr neuer Ehemann strotzte nur so vor Gesundheit und guter Laune. Wenn er mit energischen Schritten im Haus hin und her ging, klang das wie ein Trommelwirbel, und wenn er draußen an die Wand pinkelte, rauschte es wie ein Sturzbach.
Während ihrer Flitterwochen waren die beiden Wiederverheirateten unzertrennlich wie Leim und Lack und nutzten jede Gelegenheit, sich in das Hinterzimmer zurückzuziehen, nicht ohne die Tür fest hinter sich zuzumachen. Glatzkopf-Li und Song Gang im vorderen Zimmer versuchten, sich einen Reim auf die merkwürdigen Geräusche zu machen, die zu ihnen drangen. Bestimmt haben sich die Eltern da drin versteckt, um ungestört Karamellen Marke »Großer weißer Hase« aus der bewussten Tüte zu knuspern!, dachten die Kinder.