Wir Frauen wollen gefallen, wir wollen gemocht werden. Daran hat auch die Emanzipation nicht viel geändert, sagen Psychologen. Dabei kann ein wenig Egoismus gar nicht schaden - und das Wort «Nein» uns ganz weit nach vorne bringen.
Wir Frauen, wir wollen gefallen. Wir wollen gemocht und geliebt werden, wir wollen wir selbst sein und doch immer wieder eine andere, eine aufregendere Frau. Alles nur um - wir sagten es bereits - zu gefallen. Erst unserem Vater, damit wir seine kleine Prinzessin bleiben, dann unserem Freund, unserem Chef - einfach allen.
Wir bleiben dabei auf der Strecke. «Männer haben den Egoisten in sich», sagt der Alltagspsychologe Alfred Gebert aus Münster. Frauen hingegen nicht, die meisten denken zuerst an andere - dann an sich.
Dabei soll es nicht darum gehen, egoistisch und mit Scheuklappen durch die Gegend zu laufen, nach dem Motto: «Nach mir die Sintflut.» Vielmehr, so der Psychologe, solle man den «goldenen Mittelweg» finden. Eine Mischung aus Altruismus und Egoismus, ein Teamplayer, der seinen Willen kennt und seine Wünsche einfordert.
«Wer ‹Ja› sagt, wenn er ‹Nein› meint, ist letztlich schwach, weil er sich - aus Angst oder auch nur, weil er beliebt sein möchte - für andere mehr engagiert und scheinbar selbstlos handelt», sagt Alfred Gebert. Dabei solle die eigene Selbstverwirklichung für uns genauso wichtig sein wie von anderen gemocht zu werden.
Wir Frauen sind gerne viele Frauen auf einmal
Aber warum sind wir so? Warum sagen wir Frauen lieber mit Magengrimmen «Ja, kann ich machen» statt mit einem erleichterten Lächeln «Nein, mache ich nicht»? Der Experte sagt: «Frauen sind zu brav erzogen.» Es sei einfach Teil unserer Persönlichkeit geworden. Wir wollen eben nicht nur eine gute Angestellte sein, sondern auch eine gute Lebensgefährtin, eine gute Freundin, eine aufmerksame Zuhörerin, eine gute Mutter und die gute Seele eines Unternehmens. Wir Frauen sind gerne viele Frauen auf einmal - und bleiben mit den vielen Persönlichkeiten selbst auf der Strecke.
«Dabei», sagt Alfred Gebert «ist gesunder Egoismus gar nicht so schwer.» Eigentlich ist er sogar ganz leicht - und klingt verlockend. Denn wir sollten uns nicht ständig Sorgen machen, ob wir gemocht werden. Sprich: Keine Gedankenspiralen mehr, in denen einfache Handbewegungen anderer Menschen exzessiv interpretiert werden. Es sollte uns einfach egal sein, nicht jeder kann uns mögen.
«Nein» sagen - mit einem Lächeln im Gesicht
Und: «Sie sollten selbst entscheiden, was Sie wollen und was Sie können», sagt der Psychologe. Wenn wir keine Überstunden machen wollen, weil wir einfach nicht können: «Nein» sagen. Und das, sagt Alfred Gebert, kommt richtig verkauft und rübergebracht auch gut beim Chef an. «Wer mit einem Lächeln und mit strahlenden Augen sagt, dass er gerne Überstunden machen würde, aber ausgerechnet heute nicht kann - der gewinnt an Respekt, hat sich grundsätzlich nicht gegen Überstunden ausgesprochen und eigentlich keine Abstriche gemacht.»
Das sei gesunder Optimismus: «Zu sich selber stehen und dabei niemandem weh tun», sagt Alfred Gebert: «Egoismus hat seine guten Seiten. Und davon profitieren auch andere Leute, wenn wir zufrieden und gelassen unsere Arbeit erledigen und einspringen können, wenn andere uns brauchen.»
Das ist genau das, was wir bei unseren Vorbildern sehen. Bei den Frauen, die uns schon immer irgendwie begeisterten, aber zu weit weg erschienen, zu wagemutig: Pipi Langstrumpf beispielsweise. Die viel und häufig «Nein» sagt, aber für ihre Freunde immer da ist. Dass die Frau vom Amt sie nicht mag? Na und?! Oder Bibi Blocksberg, die auch «Nein» sagt - und die Heldin der Stadt ist. Das finden wir gut und sagen an dieser Stelle auch: «Nein». Ein Grund wird uns schon einfallen.