Die anderen lachten. Manchmal drückte sich Jenni wirklich sehr komisch aus! Doch recht hatte sie: nach den letzten aufregenden Wochen konnte sie nichts mehr erschüttern.
Nur Bobby, Jennis beste Freundin, unkte: „Da bin ich gar nicht so sicher. Unverhofft kommt oft.“
„Wie weise du redest“, spottete Jenni, und die anderen lachten wieder. Aber Bobby hatte gar nicht unrecht: das„Unverhoffte“ kam sehr bald, noch bevor der erste jubelnde
Brief von Grit eingetroffen war. „Ich bin wieder zu Hause und sehr glücklich.“ Sie hatte ein Farbfoto von sich beigelegt mit einem märchenhaften weißen Haus im Hintergrund.
In Lindenhof gab es nämlich bei aller Freiheit doch bestimmte feste Regeln.
Dazu gehörte vor allem die Arbeitszeit. Nach der Mittagspause traf sich jede Klasse in ihrem Raum und machte dort ihre Schulaufgaben, schriftliche und mündliche. Dabei führte eine Lehrerin die Aufsicht – wenigstens bei den unteren Klassen. Sie saß nicht ständig dabei. Aber sie sah oft hinein, und man konnte sie etwas fragen. Sie erklärte und half immer.
Die Großen aus der Fünften und Sechsten durften sich ihre Nachmittags- und Abendstunden und auch ihre Lernzeit selber einteilen. In der Vierten, zu der die Zwillinge gehörten, ließen die Lehrer die Zügel ebenfalls etwas lockerer.Da halfen sich die Mädchen schon gegenseitig.
Natürlich war auch für die Freizeit der Jüngeren eine Aufsicht vorgesehen. Schließlich konnte man die ausgelassenen Mädchen ja nicht immer herumtoben lassen, wie sie wollten. Bei dem bloßen Gedanken sträubten sich Fräulein Theobald, der Direktorin des Internats, die Haare.Sie hatte eine bestimmte Einteilung getroffen: Keine Lehrerin brauchte zu viele Unterrichtsstunden zu geben,mußte dafür aber in den Arbeitsräumen und im Freien für Ordnung sorgen. Eine einzige Ausnahme gab es: das war Mamsell.