Er hatte durchstudieret den ganzen Bücherwust,
Mit Wissen ausstaffieret das Herz in seiner Brust –
Da fluchte er dem Buche, sah an es nimmermehr:
Das ist's nicht, was ich suche! Das Glück, das Glück gebt her!
Und kommt er in das Städtchen und winkt ihm aus dem Thor
Das liebe braune Mädchen mit Schelmenaug' hervor –
Laß küssen dich, du Feine! – Schaut ihr ins Angesicht;
Du bist's nicht, die ich meine! – er da voll Trauer spricht.
Da ward aus dem Scholaren ein flotter Kriegersmann,
Auch lernt er mit den Jahren, daß man sich bücken kann,
Und fromme Verse schmieden von Freiheit und von Blut,
Und vor dem Bürgerfrieden voll Ehrfurcht zieh'n den Hut.
Doch alles wollt nicht frommen, was er sich auch erdacht.
Das Glück wollt ihm nicht kommen – hörst, wie's von Ferne lacht?
Da ward aus ihm ein Zecher, der zecht' von früh bis spat,
Bis ihm der leere Becher vom Munde sinken that.
Lag denn das Glück im Weine? – Der heilte allen Gram.
Doch weh – auch nur zum Scheine, nur bis der Morgen kam;
In seinem grauen Schimmer, wie lag so leer die Welt! –
Die Nacht verheißt uns immer, was nie der Morgen hält.«
Als der Geselle sein Liedlein ausgepfiffen hatte, da führte ihn der Weg an einem Königreich vorbei, und weil die Thür bloß eingeklinkt war, ging er hinein. Die alte Reichsmauer wackelte hin und her, als er eintrat, und das Thürschloß behielt er gar in der Hand, so morsch war der Griff. In dem Königreich saß der König auf einem Throne, der wackelte, und hatte eine Krone auf dem alten, wackligen Haupt, die wackelte auch. Die Räte um ihn her hatten kleine Zöpfchen im Nacken, die wackelten, und die Räte selber wackelten, und das ganze Königreich wackelte. Und weil nun alles so wacklig war, da nahm der Geselle sein Bein und gab der ganzen Wackelei einen Tritt; da fiel alles um, und der Geselle sah lachend zu, wie der König und die Krone und die Räte mit ihren Zöpfen und das ganze morsche Königreich durcheinander purzelten. Des Königs schöne Tochter aber fing er in seinen Armen auf; doch als er sie küssen wollte, da welkte sie hin und lag tot an seiner Brust. Ihre Seele verwandelte sich in einen schönen weißen Vogel, der kreiste über des Gesellen Haupt und sang ihm zu:
»Weil' nicht am Wege,
Er ist noch weit;
Noch ist die neue, die selige Zeit,
Noch ist sie nimmer geboren.«