Aber er hatte keine Pferde zum Vorspannen. Da war er auf den Weihnachtstisch spaziert, wo die heilige Krippe aufgebaut war, und hatte den hl. Joseph um das Oechslein und das Eselein gebeten, sein Wägelchen zu ziehen; aber der hl. Joseph hatte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen über solch ein Ansinnen, obgleich Mutter Maria mit dem Kindlein auf dem Schoß ihre Freude an dem kecken Gesellen gehabt hatte.
Da war er den hl. Drei Königen aus dem Morgenlande entgegengegangen, die gar bedächtig mit prächtigem Gefolge heranmarschiert kamen. »Majestät,« sagte das Gesellchen höflich, »dürfte ich vielleicht eines Ihrer Kamele für mein Wägelchen benutzen? – Sie haben ja deren so viele.«
Aber der schwarze Balthasar, der Mohrenkönig, fletschte ihm seine weißen Zähne entgegen, und Kaspar und Melchior hielten ihm das Weihrauchfaß mit Myrrhen unter die Nase, daß er niesen mußte – da sprang er davon und bat den Tannenbaum, und der schenkte ihm sechs kleine, weiße Zuckermäuse, die an seinen Zweigen hingen.
Nun hielt er mit seinem flinken Gespann vor den Schneeflöckchen und lachte: »Ach, was seid Ihr für herzige Dingerchen. – Gleich möchte ich mit meinem Goldpfeil durch Eure Schwanenpelzchen in die Herzchen hineinschießen. Kommt, steigt ein – wir fahren zum Weihnachtsball in die Puppenstube; da tanzen Sie gravitätisch und mit Anstand ein würdiges Menuett und sind brav und gesittet – aber Ihr sollt 'mal sehen, was ich da für einen Wirrwarr anrichte.«
Den Schnee-Engelchen gefiel zwar der kleine Bursche sehr gut, aber sie schüttelten doch die Köpfe, daß die Pelzkapuzchen hin und her wackelten.
»Ach nein,« sagten sie, »hier können wir nicht tanzen – hier ist es uns viel zu warm. Wir sind auch nur hereingekommen, um zu lernen, was wohl eigentlich Weihnacht ist.«
Da setzte sich das Gesellchen auf den Rand seiner Nußschale, schlug ein Bein über das andere und legte simulierend den Finger an das kecke Näschen:
»Ja, sehen Sie, meine kleinen Engelchen – das ist eine kuriose Geschichte. Da unter dem Weihnachtsbaum liegt ein kleines, nacktes Kindchen in einer Krippe, dessen Geburtstag feiern sie, und sie sagen, er sei der Gott der Liebe. – Nun aber hat mir mein heidnischer Vater im Olymp – ich bin nämlich ein Heide, mein Name ist Amor – immer gesagt, ich wäre der Gott der Liebe, und ich wäre, trotz meiner Jugend, so alt wie der Olymp und die Welt und das große, große Meer selber. – Da muß also irgendwo eine Verwechselung sein. – Ich schlage vor, wir feiern das ganze Jahr Weihnacht und halten mein Schwesterchen Freude, wenn sie davon fliegen will, am Gewandzipfel fest. – Ich kehre mich so wie so nicht viel an die Jahreszeiten – meine Pfeile fliegen das ganze Jahr durch, und die Küsse sind immer am süßesten, wenn sie geküßt werden.« – Und dabei breitete der kleine Schlingel die Arme aus und wollte die hübschen Flöckchen küssen; die aber faßten sich an die Hände und flogen ihm davon, geradeswegs auf die Tanne zu und klammerten sich an ihre Zweige fest und schaukelten sich und sangen: