Was bedeutet eigentlich groß und was ist klein? Wie viel Platz braucht eine ganze Stadt oder eine ganze Welt? Benötigt der Ozean einen halben Planeten oder reicht ihm eine kleine, unscheinbare Pfütze?
Meine Geschichte beginnt in einer kleinen Stadt, die nicht viel anders ist als die, in der du lebst. Na gut. In ihr kennt man keine Autos, keine Busse oder Straßenbahnen. Aber ihre Bewohner führen trotzdem ein ganz einfaches und normales Leben. Sie stehen morgens auf, trinken eine Tasse Kaffee und gehen dann zur Arbeit. Am Abend kehren sie heim, essen mit ihren Liebsten und gehen schlafen. Und doch ist diese Stadt so ganz anders, als du es dir vorstellen kannst.
Du möchtest erfahren, wo sich diese Stadt befindet? Nun, dann begleite mich doch einfach. Wir gehen gemeinsam auf die Reise. Der Weg ist auch gar nicht so weit. Er beginnt und endet kurz hinter deiner Haustüre.
Am gestrigen Abend hatte es sich schon angekündigt. Dicke, graue Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben und waren immer dichter geworden, bis man keinen einzigen blauen Flecken mehr erkennen konnte. In der Nacht war Regen gefallen, sehr viel Regen. Zuerst hatten sich kleine Pfützen in den Schlaglöchern der Straßen deiner Stadt gebildet. Aus den Pfützen war ein See von einer Gehweg zu gegenüberliegenden entstanden, der sie in einen breiten Bach verwandelt hatte und gemächlich davon geflossen war. Doch von alledem hattest im Schlaf nichts mitbekommen.
Der Bach und der See sind nun wieder verschwunden. Übrig blieb allein eine einzelne Pfütze, über die man mit einem weiten Schritt hinweg steigen kann. In ihr spiegeln sich die Lichter der Umgebung. Wenn man sich ganz viel Mühe gibt und konzentriert, kann man sogar den Namen der Spelunke neben ihr rückwärts in der spiegelnden Wasseroberfläche lesen. Doch darum soll es jetzt gar nicht gehen.
Ich kann dir an deiner Nasenspitze ablesen, was du gern machen würdest. Du überlegst bereits, wo die Gummistiefel geblieben sind, die du vor über einem halben Jahr das letzte Mal getragen hast. Hast du schon in der Garage nachgesehen?
Du möchtest Anlauf nehmen, abspringen und mit einem großen Platscher in der Pfütze landen, dass das Wasser viele Meter in alle Richtungen spritzt. Ich weiß, dass dir das viel Spaß macht. Als Kind habe ich das oft selbst gemacht. Doch heute weiß ich, dass das nicht immer eine gute Idee ist. Denn schau einmal genauer hin.
Dort unten, in dieser kleinen, sehr unscheinbaren Pfütze liegt etwas, das du bisher vielleicht übersehen hast. Es ist ein Stein, und für dich mag es auch nur ein einfacher Kieselstein sein, von dem es bestimmt Milliarden oder mehr geben mag. Aber genau dieser hier ist etwas Besonderes. Er ist für Andere, die auf ihm Leben, ihre kleine kleine, große Welt. Schau nur einmal ganz genau hin. Dann wirst du sehen, was ich meine.
Auf der einen Seite erkennst du bestimmt ein Dorf, hier ein Städtchen. An der Küste ist ein Hafen, vor dem winzig kleine Segelschiffe kreuzen. Fällt auch nur ein einziger Regentropfen in die Pfütze, erleben ihre Bewohner ein katastrophales Unwetter.
Und nun erzähle ich dir von dieser Welt, die ich einst besuchte und von Enterhäkchen, der Tochter der Piratenbräute.