Ich hielt die Luft an. Da waren wir also mit einer Mörderbande zusammen auf einem Wrack gefangen. Wir mussten schnell das Boot finden - diesmal um selber wegzukommen. Zitternd suchten wir die ganze Steuerbordseite ab - nichts. Jim sagte, er könnte vor lauter Angst nicht weiter. "Jim, wenn wir hier bleiben, dann sind wir geliefert!", drängte ich.
Wir krochen weiter. Gerade als wir in der Nähe der Kapitänskajüte das Boot entdeckt hatten, ging vor uns die Tür auf. Packard und Bill kamen raus, warfen einen voll gepackten Sack ins Boot und sprangen selbst hinterher. "Alles in Ordnung. Stoß ab!", hörten wir von unten. Ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten.
"Hast du ihn durchsucht?", hörten wir von unten.
Gespannt lauschten wir, wie Bill und Packard beschlossen, wieder an Bord zu kommen. Sie hatten vergessen, ihr Opfer auf Geld zu durchsuchen. "Die Moneten müssen wir auf jeden Fall mitnehmen!"
Sie kletterten noch mal an Bord, gingen in die Kajüte und ließen die Tür hinter sich ins Schloss krachen. Im Handumdrehen war ich im Boot, Jim taumelte direkt hinter mir drein. Ich schnitt das Tau durch und schon trieben wir flussabwärts. Wir bewegten kein Ruder und wagten kaum zu atmen. Alles ging schnell, in wenigen Augenblicken waren wir schon hundert Meter vom Schiff weg.
Als wir schon vierhundert Meter weit weg waren vom Wrack, sahen wir Licht bei der Kapitänskajüte. Ich begann, mir Sorgen zu machen. Auch wenn es Mörder waren, taten sie mir doch Leid. Ich beschloss, bald am Ufer zu landen und jemandem zu erzählen, dass noch wer auf dem Wrack ist. Dann würden sie wenigstens gerettet werden. Auch wenn es nur für den Galgen wäre.
Doch ich konnte den Plan nicht durchführen. Bald begann ein Sturm und wir konnten nirgends mehr anlegen. Nach einer Weile sahen wir unser Floß wieder. Wie froh wir waren, als wir wieder auf unserem Floß saßen. Bald erblickten wir Licht am rechten Ufer und ich sagte Jim, dass ich mit dem Boot der Banditen drauf zufahren würde. Wir verstauten das geklaute Zeugs der Kerle auf unserem Floß und Jim ließ sich treiben, so ungefähr zwei Meilen. Dann sollte er eine Laterne anmachen und so lange brennen lassen, bis ich ihn eingeholt hätte.
Flugs bin ich losgerudert. Es dauerte eine Weile, bis ich eine einzelne Anlegestelle fand, an der nur ein Fährmann saß. Dem erzählte ich eine abenteuerliche Geschichte von dem Wrack. Ich sagte ihm, er müsse gleich rüberfahren mit seiner Fähre, und wichtige Bewohner des Dorfes und Mitglieder meiner Familie retten. In meiner Lügengeschichte waren der Steuermann und die Negerzofe ersoffen und eine wichtige Misses des hiesigen Dorfes würde auf Rettung warten.
Der Fährmann schickte mich in die Dorfkneipe, Hilfe holen. Er selbst würde schon mal losfahren. Ich rannte ums Eck, wartete dort bis die Fähre losdampfte. Ich war stolz auf mich. Nicht jeder hätte so viel für die Verbrecher getan. Die Witwe wäre stolz auf mich.
Es dauerte nicht mehr lange, da kam das Wrack den Fluss heruntergetrieben. Es hatte sich von dem Felsen losgerissen. Ich sah sofort, dass da nicht mehr viel zu machen war. Erst war ich ein bisschen bedrückt, als ich an die Verbrecher dachte. Aber das verging wieder, als ich daran dachte, was für Schufte das gewesen waren.
Der Fährmann fuhr rund um das Wrack und suchte nach den Überresten der vermeintlich wichtigen Dorfbewohner, gab aber bald auf und fuhr zum Ufer zurück. Da ruderte ich mit aller Kraft los und fuhr flussabwärts.
Es kam mir ewig lange vor, bis ich Jims Licht sah. Als es fast schon wieder Tag wurde, erreichte ich Jim. Wir landeten auf einer Insel, versteckten das Floß und versenkten das Boot. Dann legten wir uns hin und schliefen wie die Toten.