Zu dritt gingen wir zum Merripit House, obwohl wir uns fast sicher waren, Stapleton hier nicht mehr anzutreffen. Und tatsächlich - die Haustüre stand weit offen. Wir stürmten hinein und durchsuchten jeden Winkel des Hauses. Im ersten Stock trafen wir auf einen verschlossenen Raum. Wir hörten, dass jemand drin war; es raschelte. Holmes sprengte mit einem Fußtritt die Türe auf.
Einen Augenblick lang waren wir sprachlos. Dieses Zimmer glich mit den vielen Glaskästen, die mit Schmetterlingen und Käfern bestückt waren, einem Museum. In der Mitte des Raumes befand sich ein Pfeiler, an dem eine Gestalt gefesselt war. Von Bett- und Handtüchern vermummt, konnten wir sie nicht erkennen. Aber im Nu hatten wir den Knebel weggerissen und Mrs. Stapleton sank vor unseren Augen zusammen. An ihrem Hals konnte ich die scharfe rote Spur einer Reitpeitsche erkennen. "Diese Bestie!", rief Holmes.
Mrs. Stapleton öffnete bald darauf die Augen und fragte, ob Sir Henry entkommen wäre. Sie erkundigte sich auch nach dem Hund und war erleichtert, dass er tot war. "Gott sei Dank! Zum Glück! Oh dieser Schurke! Er hat mich misshandelt, meine Seele gequält. Ich wollte es aus Liebe ertragen, bis ich merkte, dass er mich auch hierin hintergangen hatte." Sie schluchze herzzerreißend.
Mrs. Stapleton begriff schnell, dass sie einiges gutmachen konnte, wenn sie uns jetzt weiterhalf. Bereitwillig verriet sie uns den Ort, den sie für den einzigen Zufluchtsort ihres Mannes hielt: Auf einer Insel inmitten des Sumpfs sei eine alte Zinngrube. An diesem Ort hielt er üblicherweise seinen Hund versteckt. Nur dorthin konnte er geflohen sein.
Der Nebel lag dick über dem Moor und wir sahen ein, dass wir heute nicht mehr aufs Moor hinaus konnten. Mrs. Stapletons Augen funkelten in wilder Freude, als sie uns begreiflich machte, dass ihr Gatte vielleicht den Weg hinein ins Moor finden würde, jedoch niemals wieder den Weg hinaus - bei diesem Nebel. Sie rief: "Heute ist es unmöglich, die Wegweiser zu sehen. Wir haben die Markierungen gemeinsam eingesetzt, um den schmalen Pfad durch das Moor zu kennzeichnen.
Lestrade blieb bei Mrs. Stapleton in Merripit House, Holmes und ich gingen mit dem Baronet nach Baskerville Hall zurück. Als er die Wahrheit über die Stapletons erfuhr, verhielt er sich tapfer, obwohl er so Hässliches über die Frau erfuhr, die er liebte.
Nun aber komme ich schnell zum Ende dieser eigentümlichen Geschichte, in deren Verlauf ich mich bemüht habe, dem Leser diese finsteren Angstgefühle und verschwommenen Befürchtungen zu beschreiben, die unser Dasein so lange beschatteten.
Am Morgen nach dem Tode des Bluthundes war der Nebel verschwunden. Mrs. Stapleton führte uns zum Ausgangspunkt des vom Naturforscher entdeckten Weges durch den Sumpf. Immer mehr wurde uns bewusst, welche Höllenqualen diese Frau an der Seite ihres Mannes durchlitten hatte; sie half uns mit Eifer und wilder Freude auf seine Spur.
Sie ging mit uns bis zu dem letzten Ausläufer festen Bodens, der sich in den Sumpf hinein erstreckte. Ab und zu kennzeichnete ein dünnes Stöckchen den Weg, der von einem Moorinselchen zum nächsten führte. Um uns herum lag ein dumpfer Verwesungsgeruch und mehr als einmal sanken wir knietief in das dunkle Moor, das meterweit um uns bebte. Wir fühlten, wie sich die feuchte Masse an unseren Absätzen festsog, als ob eine tückische Hand uns in diese widerliche Tiefe hinabziehen wollte.
Endlich sahen wir, dass jemand vor uns diesen gefährlichen Pfad begangen hatte. Auf einem Grasbüschel lag ein dunkler Gegenstand. Als Holmes nach ihm griff, versank er bis an die Hüften. Wären wir nicht da gewesen, so hätte er wohl nie mehr einen Fuß auf festen Boden gesetzt.
Er hielt einen alten schwarzen Schuh empor, auf dessen Innenleder ein Stempel lautete: "Meyers, Toronto, Kanada". Es war Sir Henrys verlorener Schuh, den Stapleton wahrscheinlich auf seiner Flucht weggeworfen hatte. Holmes schlussfolgerte: "Mit diesem Schuh hat er vermutlich den Hund auf Sir Henrys Fährte gehetzt. Als er bemerkte, dass er dieses Spiel verloren hatte, flüchtete er und warf den Schuh hier weg. Wenigstens wissen wir jetzt, wie weit er gekommen ist."
Da es aber unmöglich war, im Moor Spuren zu finden - weil der Schlamm sie zu schnell bedeckte - gelangten wir nie zu vollkommener Sicherheit, was genau Stapleton in seinen letzten Stunden erlebt hatte. Wenn der blanke Boden uns die Wahrheit sagte, hat Stapleton seine Rettungsinsel niemals erreicht. Irgendwo im Grimpensumpf musste dieser grausige, kaltherzige Verbrecher sein ewiges Grab gefunden haben.
Trotzdem untersuchten wir die Insel und fanden zahlreiche Beweise, dass Stapleton oft dort gewesen sein musste. Holmes sagte: "Nun haben wir wahrscheinlich die meisten Geheimnisse dieses Ortes ergründet. Seinen Hund konnte er hier wohl verbergen, aber das Heulen konnte er ihm nicht verbieten; daher kamen diese grausligen Töne, die selbst bei Tage nicht erfreulich anzuhören waren. Im Notfall konnte er das Tier in Merripit House unterbringen, was er vermutlich immer nur am letzten Tag getan hat, als er sein Ziel erreicht zu haben glaubte. Dies war immerhin sehr gewagt. Und diese Paste hier ist zweifellos die Phosphorlösung, mit der er die Bestie eingerieben hat."
Es war kein Wunder, dass dieses Untier Sir Charles zu Tode erschreckt hat und der arme Teufel von einem Sträfling wie von Sinnen davongerannt war. Der Plan war besonders schlau ausgeheckt.
"Ich sagte es Ihnen bereits in London, Watson. Noch nie haben wir es mit einem raffinierteren und gefährlicheren Verbrecher zu tun gehabt, wie mit dem, der im Moor begraben liegt." Damit zeigte Holmes mit seinem Arm auf die Weite des grün gefleckten Sumpfes, die am Horizont in die rötlichen Abhänge des Moors überging.