Guten Morgen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, herzlich Willkommen zu "Typisch Helene". Heute ist der 20. Mai und - wir können heute tatsächlich schon ein kleines Jubiläum feiern: Es ist nämlich bereits meine 30. Sendung, und ich freue mich sehr, dass Sie wieder mit dabei sind. Aber legen wir los [1] - und zwar mit folgenden Themen: Ich erzähle Ihnen erst mal von meinen Erlebnissen an einer Afterwork-Party in Zürich, dann geht's um die Staus am Gotthard, und zum Schluss verrate ich Ihnen noch, was Männer an Frauen toll finden.
Manchmal tue ich etwas, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, obwohl ich genau weiss, dass ich mich später darüber ärgern werde. Aber ich tue es, weil ich hoffe, dass ich mich irre, dass es ganz anderes kommt, als ich glaube. Und deshalb ging ich letzte Woche seit Jahren wieder einmal an eine Afterwork-Party in Zürich. Eigentlich sind Afterwork-Partys wie ein Bier nach Feierabend [2]: Man geht direkt nach der Arbeit - deshalb heissen diese Partys auch "Afterwork" - in ein Lokal, nimmt ein paar Drinks, trifft Kollegen oder Kolleginnen, tanzt ein bisschen und geht dann vor Mitternacht ins Bett, um am nächsten Morgen wieder fit zu sein. Natürlich treffen sich an diesen Afterwork-Partys auch sehr viele Singles, deshalb sind sie vor allem in Zürich, wo viele Leute alleine leben, sehr beliebt. Ich ging also mit meiner Freundin Sabine an eine solche Party. Sabine ist 35 und sucht dringend einen Mann. Aber kaum waren wir im Lokal, realisierten wir, dass wir es zuhause bei einem Glas Wein viel lustiger gehabt hätten. Denn es war schrecklich langweilig: Die Leute um uns herum wirkten teilnahmslos [3] obwohl sie lachten und redeten. Um die Tanzfläche standen zwar viele Männer in Businessanzügen, aber die sahen uns nicht an, sondern nur ihre iPhones oder Blackberrys und vielleicht noch ihr Bier. Aber immerhin: Irgendwann erblickte [4] Sabine in der Menge einen Bekannten und winkte ihm zu. Es war Stefan, ein Immobilienmakler [5] aus Stuttgart. Zur Zeit lebt er in der Innerschweiz und geht jede Woche einmal nach Zürich, um Leute kennenzulernen. "Hallo", sagte er und hob sein Glas. Er schwieg einige Sekunden. Dann lächelte er Sabine an und fragte: "Magst du auch Louis Vuitton-Taschen?" Sabine lächelte höflich zurück, dann nahm sie mich am Arm und zog mich zur Tanzfläche herunter. Und plötzlich, ganz plötzlich standen zwei Männer vor uns, die uns sofort neugierig machten. Nicht, weil sie so sympathisch aussahen, sondern weil sie so gross waren, dass sie alle überragten [6]. Waren es Bodyguards? Navy Seals? Manager? Waffenhändler? Ich beschloss, sie zu fragen. "Nein, tu das nicht", sagte Sabine. "Die sollen UNS fragen." - "Die sehen uns ja gar nicht", antwortete ich. "Wir müssen da schon selber etwas tun." Ich stellte mich also vor sie hin und schaute hoch: "Hallo Jungs", rief ich strahlend. "Darf ich fragen, was ihr beruflich macht? Ihr wirkt so anders als alle anderen Männer hier." Die beiden starrten [7] überrascht auf mich herunter und blickten mich an, als wäre ich ein Insekt. "Ähm", sagte der eine, "ich bin Kranführer." - "Und ich Ikebana [8] Lehrer an der Migros Klubschule", sagte der andere und grinste. "Sonst noch Fragen?" - "Keine weiteren Fragen", antwortete ich würdevoll [9]. Sabine und ich schauten uns an. Ohne noch ein Wort zu sagen gingen wir aus dem Lokal heraus. Draussen, vor der Tür, stand der Immobilienmakler aus Stuttgart und rauchte. Er streckte uns seinen Blackberry entgegen. "Ich habe seit gestern eine SIM-Karte für Deutschland und eine für die Schweiz", sagte er stolz. "Wie schön", sagte Sabine. "Gute Idee", sagte ich. Und dann eilten wir aufs Tram.
***
Kommen wir zu unserem nächsten Thema, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer. Stellen Sie sich vor: Sie sitzen im Auto, es ist heiss, und Sie bewegen sich keinen Meter vorwärts. Wenn Sie aus dem Fenster blicken, sehen Sie nichts als Autos, Autos und noch mal Autos. Die Autos vor Ihnen bilden eine Schlange [10], die mehrere Kilometer lang ist. Sie sind müde und wollen nur noch weiterfahren. Aber Sie stecken fest. Nichts tut sich. Sie seufzen tief auf, schalten das Autoradio ein und greifen zum Sandwich. Denn Sie wissen: Das kann noch sehr lange dauern. Wenn Sie regelmässig mit dem Auto unterwegs sind, kennen Sie dieses Phänomen wohl nur allzu gut: Den Stau. Besonders schlimm, ja, fast schon legendär, sind die Staus am Gotthard. Der Gotthard ist die natürliche Grenze zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin, wer in den Süden reisen will, muss deshalb zwingend durch den Gotthardtunnel. Klar, kann man auch über den Gotthardpass fahren, aber diese Route ist für viele Automobilisten zu lang und zu anstrengend. Das heisst also: Wann immer die Meteorologen sagen, dass das Wetter im Süden besser ist, als im Norden, oder wenn wieder einmal ein Feiertag bevorsteht, packen die Leute ihre Koffer, laden alles ins Auto und fahren los. Dieses Jahr begann der traditionelle Osterstau zum Beispiel schon am Mittwoch vorher. Die Blechlawine [11] vor dem nördlichen Tunneleingang am Gotthard war vier Kilometer lang. An Ostern selbst war sie dann sage und schreibe [12] 20 Kilometer lang. Die Reisenden mussten über drei Stunden warten, bis sie weiterfahren konnten. Schrecklich!. Aber - es gibt Leute, denen ein Stau Spass macht. Die auf die Reise gehen, um im Stau zu stehen. Für die der Stau sogar das Reiseziel ist. Das macht sogar Sinn, oder? Denn wenn es nicht so wäre, gäbe es auch nicht immer wieder diese enormen Autoschlangen. Um ganz sicher zu gehen, dass ich mit dieser Annahme Recht habe, habe ich kürzlich meinen guten, alten Freund Emilio gefragt. Emilio fährt am Wochenende nämlich oft nach Italien und freut sich schon Tage vorher auf den Stau. "Warum das so ist?" Er kicherte: "Weisst du, das ist eigentlich ganz einfach: Wenn ich im Stau stehe, muss ich nichts machen. Ich muss nur da sitzen und warten, kann schlafen, sonnenbaden, Musik hören und sogar flirten!" - "Flirten?" - "Ja, sicher, flirten. Wenn du wüsstest, wie viele Frauen im Stau stehen, um Männer kennen zu lernen. Ich habe in Staus schon die schönsten Bekanntschaften gemacht. Louisa, zum Beispiel, wollte unbedingt auf meiner Kühlerhaube [13] picknicken. Leonora wollte sich von mir mein Autoradio erklären lassen. Guiseppina wollte meinen GPS mit ihrer Stimme neu programmieren und..." - "Hör auf, hör doch auf", rief ich, "ich glaube dir kein Wort"! - "Sollst du aber", sagte Emilo ernsthaft. "Wenn du mir nicht glaubst, spiele ich dir meine neuen GPS Programme ab!" Und er grinste [14] von einem Ohr zum anderen [15].
***
Und nun zum Schluss noch folgendes, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer. Ich habe Ihnen ja das letzte Mal erzählt, was Frauen an Männern gefällt. Jetzt habe ich mal nachgefragt, was Männern an Frauen gefällt. Und da kam einiges zusammen. Passen Sie auf: "Ich mag Frauen mit einer grossen Nase", sagte Peter. "Ich mag einen schönen Gang und eine gute Körperhaltung", sagte Benedikt. "Ich mag Frauen mit Humor, Neugierde, langen Haaren, langen Fingern und vollen Lippen", sagte Tom. "Ich mag Frauen mit einem grossen Busen, langen, schlanken Beinen und einem schönen Po", sagte Xavier. "Ich mag eine schöne, heisere [16] Stimme", sagte Hans. "Ich mag es, wenn eine Frau gerne isst. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn sie auf Diät ist", sagte Bruno. "Ich mag es, wenn eine Frau mich strahlend anlächelt", sagte Hermann. "Ich mag es, wenn eine Frau nicht allzu jung ist", sagte "Stefan. "Sie muss mindestens 30 Jahre alt sein." - "Ich mag es, wenn eine Frau intelligent und fantasievoll ist", sagte Andreas. - "Und ich", sagte Frank, "ich mag es, wenn sie mich nicht stört, wenn ich am Fernseher Fussball schaue und mein Bier trinken will."
***
[1] loslegen: anfangen
[2] der Feierabend: Zeit nach der Arbeit
[3] teilnahmslos: ohne Interesse
[4] erblicken: sehen
[5] der Immobilienmakler: jemand, der Häuser und Wohnungen verkauft
[6] überragen: grösser sein als die anderen
[7] starren: intensiv ansehen
[8] Ikebana: die japanische Kunst des Blumenarrangierens
[9] würdevoll: mit Würde
[10] die Schlange: hier: eine Autoschlange, eine lange Reihe von Autos
[11] die Blechlawine: eine lange Reihe von Autos
[12] sage und schreibe: tatsächlich, sogar
[13] die Kühlerhaube: vorderer Teil des Autos
[14] grinsen: lachen
[15] von einem Ohr zum anderen grinsen: breit lächeln
[16] heiser: nicht klar