Wer war der Erstbesteiger des Mount Everest? Edmund Hillary hat sich dem Gedächtnis gut eingegraben, weniger gut der Sherpa Tenzing Norgay. Beide erreichten am 29. Mai 1953 gleichzeitig den Gipfel.
Wer sich für Alpinismus interessiert, sollte den Namen "Eckhard Freise" kennen. Nicht etwa, weil Herr Freise irgendeinen alpinistischen Rekord gebrochen hätte. Nein, er hat keinen Achttausender erklommen, weder mit noch ohne Sauerstoffgerät; weder auf einem Bein, noch auf Zweien, ja nicht einmal auf allen Vieren. Freise hat keinen Eintrag in irgendeinem Buch der Bergrekorde! Dafür fehlt ihm, bei allem Respekt, vermutlich doch die alpinistische Erfahrung. Freise ist nämlich eher ein Buchmensch. Er hat Latein, Geschichte und Philosophie studiert, daneben noch Pädagogik, Geographie, Kunstgeschichte, Politikwissenschaft und Informatik. Um sich dann auf das Mittelalter zu spezialisieren. "Die Anfänge der Geschichtsschreibung im Kloster Fulda" - die gehören zum Beispiel zu den Forschungsgebieten des heute pensionierten Professors.
Der Welt aufs Dach gestiegen
Was aber hat das nun mit Alpinismus zu tun? Zugeben, eigentlich nichts. Weil Eckhard Freise jedoch ein rundum gebildeter Mann ist, drum hat er sich im Dezember 2000 am Fernsehquiz "Wer wird Millionär?" beteiligt. Und alle 15 Fragen richtig beantwortet! Er wurde der erste Rate-Millionär des Landes! Die alles entscheidende Frage lautete damals: "Wie hieß der Sherpa von Hillary?" Natürlich war die richtige Antwort nicht etwa "Bill" und schon gleich gar nicht "Clinton". Gefragt wurde vielmehr nach jenem Mann, der bei der Erstbesteigung des Mount Everest dabei war - am 29. Mai 1953, zusammen mit dem Neuseeländer Edmund Hillary. Und die richtige Antwort lautete: Tenzing Norgay.
Ursprünglich hieß er ja Namgyal Wangdi; geboren 1914 in Tibet, vermutlich während einer Pilgerreise. Ein bedeutender Lama erkannte in ihm die Reinkarnation eines reichen Sherpa, und so wurde er kurzerhand in "Tenzing Norgay" umbenannt, was so viel bedeutet wie "glücklicher Anhänger der Religion".
Glücklich sollte er in der Tat werden, der Angehörige des Volkes der Sherpa - nämlich als Bergsteiger und Träger.
Bereits als 21-Jähriger nahm er an seiner ersten Expedition zum Mount Everest teil, der damals noch unbezwungen war. Tenzing Norgay wurde fortan immer öfter für Expeditionen engagiert und hatte in der Alpinistenwelt schon einen wohlklingenden Namen, als er Ende Mai 1953 mit Edmund Hillary zusammen der Welt aufs Dach stieg. Wer als erster oben war? Beide! Gleichzeitig! Tenzing und Hillary bekundeten nie etwas anderes und blieben deshalb ein Leben lang befreundet.
Der Alpinist und der Buchmensch
Kein Geringerer als der indische Premierminister Nehru beauftragte 1953 den erfolgreichen indisch-nepalesischen Bergsteiger mit dem Aufbau des "Himalayan Mountaineering Institute". Tenzing wurde dessen Ausbildungsleiter und leistete damit sehr viel für das Selbstverständnis seines Sherpa-Volkes. Als er 1986 starb, soll der Trauerzug bei der Beerdigung über einen Kilometer lang gewesen sein!
In Deutschland hingegen war Tenzing Norgay nicht ganz so bekannt. Das sollte sich im Dezember 2000 freilich schlagartig ändern. Dem klugen Eckhard Freise sei Dank! Womit erfreulicherweise zweierlei bewiesen wäre: Erstens - selbst Sherpas brauchen manchmal Hilfe. Und zweitens: Auch Buchmenschen erklimmen gelegentlich ungeahnte Höhen!