Schlachtschiffe markierten auf dem Wasser die Flugroute, als die drei Doppeldecker der US-Marine den ersten Atlantikflug wagten. Am 27. Mai 1919 erreichte tatsächlich eines der Flugzeuge das englische Plymouth.
Es ist eine finstere und stürmische Nacht im Jahre 1919. Nicht weit über dem Atlantik ziehen drei kleine Flugzeuge ihre Bahn. Es sind Doppeldecker-Flugboote, in ihnen mutige Männer der US-Marine, unterwegs nach Europa. Sie wollen der Welt beweisen, dass es möglich ist, den Ozean zu überfliegen, was noch nie zuvor jemand getan hat. Die achtzehn Männer sitzen in offenen, unbeheizten Cockpits, Wind und Wetter ausgesetzt, über ihnen, zwischen den Tragflächen, dröhnen die Propellermotoren. Die Aufgabe ist: innerhalb von 72 Stunden vom nordamerikanischen Festland aus nach Großbritannien zu fliegen, und zwar ohne zwischendurch auf ein anderes Flugzeug umzusteigen. Für diese Großtat hat die britische Zeitschrift "Daily Mail" 10.000 Pfund als Preis ausgeschrieben. Zwischenlandungen sind erlaubt, und auch nötig. Die Flugboote können nämlich nur knapp 2.400 Kilometer weit fliegen. Das reicht nicht nach England, das reicht nur zur Inselgruppe der Azoren, und auch nur, wenn man von dem Punkt des Festlands losfliegt, der am weitesten in den Atlantik hineinragt, und das ist Neufundland.
Dann zieht Nebel auf
Man fliegt nachts, damit die kleine Inselgruppe bei der Zwischenlandung im Licht der Morgensonne auch gut zu sehen ist. Damit sich die Flugboote nicht verirren, hat die Marine ihren Weg mit Schlachtschiffen markiert, alle hundert Kilometer eins, voll beleuchtet und die Suchscheinwerfer angeworfen, eine helle Perlenschnur aus 22 Schiffen, an der sich die Flugzeugnavigatoren in finsterer Nacht entlanghangeln. Bis zum Morgen geht auch alles gut. Dann aber zieht Nebel auf. Zeitweise so stark, dass man vom hinteren Ende des Flugzeugs nicht nach vorne sehen kann. Die Azoren oder irgendwelche Markierungsschiffe sind erst recht nicht auszumachen. Die drei Piloten tasten im Nebel herum, zwei von ihnen entdecken, als es kurz lichter wird, tatsächlich Schiffe, sie ändern den Kurs und fliegen drauf zu. Unangenehmerweise stellt sich heraus, dass es völlig fremde Schiffe sind. Damit sind die beiden Flugboote aus dem Spiel. Sie müssen in rauer See notwassern, die Besatzung wird von den fremden Frachtern gerettet.
Plötzlich Azoren in Sicht
Das dritte Flugboot hat mehr Glück. Mit einem Mal empfängt der Bordfunker Signale, alle halten angestrengt nach unten Ausschau, und siehe da: Die Azoren sind in Sicht, und die Landung gelingt. Nun müssen sie nur noch möglichst schnell weiter nach England. Doch schlechtes Wetter und Maschinenprobleme halten die Mannschaft über eine Woche auf den Azoren fest. Den "Daily Mail"-Preis können sie damit abschreiben. Trotzdem ist der Jubel groß, als das Flugboot am Abend des 27. Mai 1919 im Hafen von Plymouth landet. Die tapferen Männer der US-Marine haben der Welt gezeigt, dass es tatsächlich möglich ist, mit dem Flugzeug über den Atlantik zu fliegen.
Der Kommandant übrigens wagt gegenüber der Presse eine Prognose. Er prophezeit der Fliegerei eine große Zukunft. Sehr bald schon würden Flugzeuge wesentlich schneller und höher unterwegs sein als das seine. Da aber müssen die Zeitungsschreiber lachen: So hoch im Himmel könne ja kein Luftreisender überleben, und die Propeller der Maschinen würden in dünner Höhenluft vollkommen nutzlos herumwirbeln. Seither wird allseits interessiert beobachtet, wie sich diese Sache entwickelt.