Mögen Länder und Erdteile streiten, wo das Akkordeon geboren wurde - für einen Wiener bleibt "das Knöpfl" immer ein Kind seiner Stadt. Zu Recht. Am 23. Mai 1829 erhielt der Wiener Demian Cyrill ein Patent auf das Akkordeon.
Knöpfl. Quetschn. Zerr-Wanst. Ziach. Tretschrank. Quetschkommode. Armen-Klavier. Schifferklavier. Steirische. Diatonische. Bandoneon. Konzertina. Teufelsbüchse!
Tausend Begriffe gibt es für das Akkordeon und ebenso viele Varianten dieses Instruments. Wer eine Steirische spielen kann, der mag noch lange kein Konzertakkordeon bedienen, oder ein Bandoneon oder eine Konzertina! Und doch hat kaum ein anderes Instrument so viele Musikstile beeinflusst, wie das Akkordeon. Denn man kann bei weitem nicht nur alpenländische Volksmusik darauf spielen. Zum Beispiel auch: Argentinischen Tango, Finnischen Tango, Französische Chansons, Brasilianischen Forró. Zydeco aus Louisiana.
Weltmetropole des "Gfühls"
Doch für einen echten Wiener ist und bleibt das Akkordeon ein Kind seiner Stadt. Nirgendwo wird der Schmelz und Schmäh so weich auf dem "Knöpfl" umgesetzt, wie in Wien, der Hauptstadt der alten K. u. K-Monarchie! Ach, was: der Weltmetropole, was Musikalität und echtes "Gfühl" und "Geselligkeit" angeht! Mögen manche sagen, das Akkordeon sei in Thüringen geboren, oder sogar behaupten, seine Vorfahren stammten aus dem alten China: Aus China! Und selbst wenn das stimmen sollte, die chinesischen Vorläufer klingen dafür auch ebenso quäkend wie ein Mandarin, der gerade gewürgt wird.
Nein, sicher wissen wir nur eins: In den Schriftstücken des Wiener Patentamtes steht es schwarz auf weiß: Wien, den 23. Mai 1829: Demian Cyrill in Verbindung mit seinen beiden Söhnen Karl und Guido, Orgel und Claviermacher, wohnen auf der Mariahilferstrasse Nummero 43 in Wien. Sie zeigen einer hohen Landesstelle geziemend an, ein neues Instrument erfunden zu haben - Accordion genannt.
Danke Dir Demian Cyrill, denn Du hast der Welt der Musik nicht nur ein Instrument beschert ...
... Du hast auch dem Wienerlied noch ein Viertel Heurigen eingeschenkt.
Das Wiener-Lied! So weich, so warm, so wohlklingend, so: Wienerisch!
Geheimnisvoller Schmäh auf Seite 7
Nur auf der echten Schrammelharmonika gespielt, kann Musik so klingen! Und damit sie auch heute noch den wahren Schmelz bekommt, der Ende des 19. Jahrhunderts den Kaiser Franz, die Fürstin Pauline von Metternich, den Erzherzog Johann - ja sogar den Walzerkönig Johann Strauß begeisterte; damit das Knöpfl dem Wiener das Wienerlied so wonnesüß darbringen kann, braucht es ein echtes Wiener Geheimrezept. Und das geht folgendermaßen: Unter die Deckplatte des Resonanzkastens muss ein Zeitungspapier zum Abdämpfen gelegt werden - so wissen es alte, erfahrene Wiener Schrammelmusiker den jungen Nachwuchs zu lehren. Aber kein beliebiges Blattl mag das sein. Nein, nur ein ganz bestimmtes kommt in Frage: Die Kronenzeitung. Und da auch nur eine einzige Seite. Nämlich die Seite sieben! Warum? Weil auf dieser Seite täglich ein süßes nacktes Madl abgedruckt wird. Und das, heißt es allen Ernstes, schmiert den Ton des "Knöpfl" besser als Butter oder Öl! Und nur beim echten "Knöpfl" soll das funktionieren: Die Quetschn, die Ziach, der Tretschrank, die Konzertina oder das Bandoneon lassen sich vom Madl offenbar nicht beeindrucken!
Wien bleibt eben Wien! Mit seinem ganzen Schmäh! Und das Akkordeon - tschuldigung: "das Knöpfl" - ist und bleibt ein Kind dieser Stadt!