Die meisten Dächer Münchens waren noch mit Holzschindeln gedeckt und viele Häuser noch nicht aus Stein gebaut. Ideale Bedingungen für den verheerenden Stadtbrand vom 13. Februar 1327.
Dem Brand im Angerkloster allein hätte man vielleicht noch Herr werden können. Sehr früh am Morgen an diesem Freitag, den 13. Februar 1327, noch lang vor Sonnenaufgang, bricht in dem Kloster am Münchner Jakobsplatz ein Feuer aus. Wahrscheinlich war beim frühen Anschüren unbemerkt ein Stückchen Kohle aus dem Ofen gefallen. Wenn's so war, verursachte dieses glühende Teilchen die schlimmste Brandkatastrophe in der Münchner Stadtgeschichte.
Ausgerechnet die Kerzenzieherei
Die Klosterschwestern - zu der frühen Stunde bereits im Gebet - schleppen in Eile Wassereimer um Wassereimer. Doch die Flammen lecken bereits am Nachbargebäude. Auch jetzt hätte man ihnen noch Einhalt gebieten können, wäre das nächste Haus nicht ausgerechnet die Kerzenzieherei der Familie Bernlochner gewesen. Doch die Wachsvorräte und Haufen von Werg folgen einfach ihrer Bestimmung, nur früher und unkontrollierter als vorgesehen: Sie brennen sofort lichterloh. Der warm-helle Schein ist an dem noch dunklen Morgen bis zum Sendlinger Tor zu sehen - und bald in der ganzen Stadt.
Zwei Tage wütet die Feuersbrunst, immer wieder angefacht vom Föhnsturm, der die Flammen durch die Gassen vor sich her treibt. Der Turm von St. Peter brennt samt seinem hölzernen Umgang wie ein Streichholz, das Heiliggeist-Spital wird eingeäschert, schließlich brennen sogar die Herzogsburg (der Alte Hof) und das Franziskanerkloster. Hermann Sack, der Chronist des Klosters, notiert, dass am Ende der Tod von 30 Menschen zu beklagen sei. Ein Drittel der Stadt liegt in Schutt und Asche. Für die Angehörigen und Obdachlosen werden Geldsammlungen organisiert, beim Wiederaufbau helfen die Bürger zusammen.
Der Rat der Stadt überarbeitet die Verordnung zum Brandschutz: Zusätzlich zu dem Feuerwächter auf dem Petersturm sollen noch drei Wächter durch die Gassen patrouillieren. Außerdem muss jedes Haus mindestens einen Zuber Löschwasser vorrätig halten. Und: Auf allen Häusern sollen die Holzschindeln durch Dachziegel ersetzt, die Mauern von neuen Häusern aus Stein gebaut werden.
"Das überleb ich nicht!"
Diese Vorschriften können weitere fürchterliche Brände nicht verhindern. Über die Jahrhunderte werden ganze Stadtviertel und auch die Münchner Residenz immer wieder ein Opfer der Flammen: Einmal schläft eine Kammerfrau beim Nachtgebet neben ihrer brennenden Kerze ein. Das Feuer breitet sich rasch aus und erreicht auch die Schlafgemächer der Kurfürstin Henriette. Barfuß und im Nachthemd rettet sie ihre fünf Kinder und sich selbst ins Freie, zieht sich aber in der kalten Nachtluft eine Lungenentzündung zu und stirbt daran.
Generationen später kann ein weiteres Feuer im Schloss gerade noch verhindert werden: In einer eisigen Januar-Nacht brennt das benachbarte Opern-Haus, erst vier Jahre zuvor eingeweiht, bis auf die Außenmauern nieder. - Die Wasserleitungen der Lösch-Anlage waren eingefroren. Und auch das eilig von einer nahen Brauerei herbeigeschaffte Bier konnte die Flammen nicht löschen. König Max-Josef war untröstlich: "Mein schönes Theater, mein schönes Theater, das überleb ich nicht!", soll seine Majestät beim Anblick der rußgeschwärzten, noch qualmenden Ruine gestöhnt haben.
Endlich überprüft die Obrigkeit die Umsetzung der Brandschutzverordnung, die man bereits im Mittelalter erlassen hat. Das Ergebnis ist erschütternd: noch Mitte des 19. Jahrhunderts sind über tausend Gebäude der Münchner Innenstadt mit Holzschindeln gedeckt.