Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, hat am Dienstag in Straßburg dem Europäischen Parlament mehrere Vorschläge vorgelegt, um die Kontrolle der äußeren Grenzen der EU zu verstärken und die Sicherheit der Schengen-Zone zu schützen. Timmermans betonte, die jetzige Krise habe die Schwäche der geltenden EU-Mechanismen bloßgestellt:
„Die ganze EU wird von einer riesigen Flüchtlingswelle heimgesucht. Manche Mitgliedsstaaten haben wieder innere Grenzekontrollen gestartet. Probleme an den äußeren Grenzen haben eine Skepsis gegenüber der Schengen-Zone ausgelöst. Wenn wir die Schengen-Zone beibehalten wollen, müssen wir die gemeinsame Verwaltung der äußeren Grenzen verbessern. Die gegenwärtige Sicherheitskrise, besonders die Terrorangriffe in Paris, haben gezeigt, dass tatsächliche Aktionen dringend erforderlich sind. Es wäre falsch, die Flüchtlinge mit Terroristen gleichzustellen. Allerdings muss uns klar sein, dass eine Kontrolle der äußeren Grenzen für unsere Sicherheit von äußerst großer Bedeutung ist".
Eine wichtige Maßnahme der EU-Kommission ist die Errichtung einer einheitlichen Institution für Grenzschutz und Küstenwache. Die neue Institution wird aus der jetzigen EU-Grenzkontrollbehörde und den zuständigen Grenzschutzbehörden verschiedener Staaten bestehen. Zuständige Behörden verschiedener Länder werden nach wie vor die Aufgaben der allgemeinen Grenzverwaltung erfüllen. Die neue Institution wird eine mindestens 1500-köpfige Schnellreaktions-Grenzgarde erfassen, die innerhalb von drei Tagen nach Bedarf in bestimmten Gebieten stationiert werden kann. Zudem wird die neue Institution zum ersten Mal technologische Anlagen von verschiedenen Mitgliedern erhalten. Schätzungsweise wird die Institution bis 2020 mindestens 1000 Mitarbeiter umfassen.
Tatsächlich hatten EU-Politiker vor einigen Jahren über die Etablierung einer gemeinsamen Grenzschutzeinheit beraten. Allerdings betrifft dies die Kernbefugnisse eines souveränen Staats, und betreffende Länder müssten bei der Souveränität größere Konzessionen an die EU machen. So ist dieser Plan schwer umzusetzen. Beispielsweise war Griechenland in diesem Jahr von einer enormen Flüchtlingswelle geplagt worden. Erst vor kurzem hat das Land die EU gebeten, eine Arbeitsgruppe zur Intervention zu schicken. Einige europäische Medien berichteten, die geplante Errichtung von Grenzschutz und Küstenwache werde die größte souveräne Konzession der Mitgliedstaaten seit der Entstehung der einheitlichen EU-Währung Euro sein. Polen hat bereits seinen Einwand gegen jedwede Aktion ohne Erlaubnis der souveränen Staaten zum Ausdruck gebracht.
Dazu erklärte der EU-Kommissar für Immigration, Inneres und Bürgerangelegenheiten, Dimitris Avramopoulos:
„Wir haben keine aggresiven Maßnahmen, sondern unterstützende und vorbeugende Maßnahmen ins Leben gerufen. Tatsächlich kann diese Institution angesichts des Drucks an den äußeren Grenzen intervenieren, also mit oder ohne Ansprüche der Mitgliedstaaten. Aber verschiedene EU-Länder müssen nach wie vor Verantwortung für die Verwaltung der äußeren Grenzen tragen. Wir werden sie ihrer Souveränität nicht berauben".