NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat am Dienstag in Brüssel angekündigt, die Türkei bei der Bekämpfung des IS umfassend zu unterstützen. Mehrere Länder forderten Ankara gleichzeitig dazu auf, den kurdischen Friedensprozess nicht durch übermäßige Militäreinsätze zu unterminieren.
Nach einem 90-minutigen Sondergipfel in Brüssel hat die Türkei ihre erwartete Unterstützung gewonnen. Somit ist ihre Rolle bei den von den USA geleiteten Militäroperationen gegen den Islamischen Staat stärker. Ankara machte von seinen 27 Alliierten keine Forderung für militärische Hilfe. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg meinte noch, in der Allianz habe die Türkei die zweitgrößte Armee.
Auf der Sitzung wurde der plötzliche Kurswechsel von Präsident Tayyip Erdogan zur Bekämpfung des Islamischen Staats und der kurdischen Rebellen im Irak thematisiert. Stoltenberg sagte auf einer Pressekonferenz, die NATO-Mitglieder würden bezüglich der Verurteilung des Terrorismus mit der Türkei solidieren. Nach der Tötung der 32 jungen Studenten in einer türkischen Grenzstadt in der Nähe von Syrien in der vergangenen Woche startete Ankara eine Kampagne gegen die IS-Terrormiliz, was die NATO begrüßte. Bisher habe das Land, so Stoltenberg weiter, in diesem Bereich keinen derartigen Willen an den Tag gelegt. Die Türkei und Syrien teilen eine 900 Kilometer lange Grenze. Ankara sei besorgt gegenüber kurdischen Rebellen, die das Grenzgebiet besetzt halten. Konkret wurde die PKK nicht erwähnt.
Aus einigen europäischen Staaten wurden nun Stimmen laut, die befürchten, dass Erdogan diese Chance ergreifen werde, um die kurdischen Rebellen zu bombardieren. Er betrachtet die Kurden als eine Bedrohung für die Integrität des türkischen Staats. Nach einem NATO-Vertreter auf der Konferenz forderten mehrere Länder „einen angemessenen Militäreinsatz" bei der Operation gegen kurdische Rebellen.
Europäische Alliierte, die die Unterstützung der Türkei bei der Bekämpfung der Dschihadisten brauchen, sind wiederum der Ansicht, die Entscheidung der Türkei, PKK-Stellungen im Irak anzugreifen, sei gerechtfertigt. Gleichzeitig stellten sie klar, dass Erdogan den inländischen Friedensprozess der vergangenen Jahre nicht aufgeben sollte.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte in einem Telefongespräch am Sonntag den türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu auf, die Prinzipien der Angemessenheit zu respektieren und den kurdischen Friedensprozess nicht aufzugeben. Die niederländische NATO-Vertreterin Marjanne de Kwaasteniet meinte auf Twitter, dass die Versöhnung fortgesetzt werden sollte.