In Ägypten geht die Abstimmung über die neue Verfassung zu Ende. Staatliche Medien berichten, dass eine überwältigende Mehrheit der Ägypter dem Entwurf zustimmt. Viele erhoffen sich durch die Änderungen offenbar stabilere Verhältnisse.
Bei der Volksabstimmung in Ägypten hat nach Berichten der Staatsmedien eine überwältigende Mehrheit der Teilnehmer für die neue Verfassung gestimmt. Die Zustimmung liege laut ersten Hochrechnungen bei mindestens 90 Prozent, berichteten die staatlichen Medien. Allerdings war die Wahlbeteiligung weiterhin unbekannt. Offizielle Ergebnisse sollen innerhalb der nächsten drei Tage veröffentlicht werden.
Ein Sprecher des Militärs dankte den "Massen" der Wähler, die sich an der "heroischen Schlacht des Referendums" beteiligt hätten. Das zweitägige Referendum ist ohne große Zwischenfälle zu Ende gegangen. Einem von tödlicher Gewalt überschatteten Auftakt am Vortag folgte ein relativ friedlicher zweiter Abstimmungstag. Die Wahllokale schlossen wie geplant um 20.00 Uhr.
Bewaffnete stürmten am frühen Morgen des zweiten Wahltages ein Wahllokal südlich von Kairo, schossen in die Luft und zogen sich wieder zurück. Menschen wurden dabei nicht verletzt. Am Vortag waren bei Zusammenstößen zwischen Islamisten, die die Abstimmung boykottieren, und Sicherheitskräften elf Menschen ums Leben gekommen.
Der Verfassungsentwurf schreibt die Vorrechte des Militärs fest. Er garantiert, zumindest auf dem Papier, Bürger- und Freiheitsrechte und drängt den Einfluss der Religion zurück, den die vorangegangene, von den Islamisten durchgesetzte Verfassung gewährleistet hatte.
Behörden verhaften mehr als 250 Demonstranten
Die Annahme des Verfassungsentwurfs durch eine Mehrheit der Wähler scheint sicher. Viele Ägypter erhoffen sich von der Annahme des Grundgesetzes stabilere Verhältnisse im Land ohne weitere Umbrüche und politische Unruhen. Die verfeindeten politischen Lager reklamierten bereits nach dem ersten Tag jeweils Erfolge für sich.
Die Unterstützer des im Vorjahr entmachteten Präsidenten Mohammed Mursi erklärten, ein Großteil der Bevölkerung sei ihrem Aufruf zum Boykott der Abstimmung gefolgt. Die Islamisten riefen ihre Anhänger zu Protestaktionen auf. Die Behörden nahmen nach eigenen Angaben mehr als 250 Demonstranten fest.
Die Anhänger des Militärchefs Abdel Fattah al-Sisi behaupteten ihrerseits, die Wahlbeteiligung sei schon am ersten Tag der Abstimmung so hoch gewesen wie bei keiner Wahl seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak vor drei Jahren. Eine hohe Beteiligung könnte Al-Sisi dazu bewegen, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen als Kandidat anzutreten.
"Klima der Einschüchterung"?
In der Unruheprovinz Nord-Sinai hatten am Dienstag etwas mehr als 20 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Aus den anderen Provinzen lagen zunächst keine belastbaren Zahlen vor.
Gegner des Verfassungsentwurfs beklagten ein Klima der Einschüchterung. Der Vorsitzende der gemäßigt-islamischen Partei Starkes Ägypten, Abdel Moneim Abul Futuh, sagte: "Die Abstimmung fand in einer undemokratischen Atmosphäre statt. Menschenrechte wurden nicht respektiert."