Ein schneller Falke stritt sich einst mit einem lautkrähenden Hahn: „Du bist ein Vogel, der äußerlich zwar sanft, von Natur aber wild ist, freundlich erscheint, aber Feindschaft nährt. Warum habt ihr im Herzen keine Zuverlässigkeit und Treue. Was ihr tut, ist nur Unaufrichtigkeit und Undankbarkeit.“ Der Hahn antwortete: „Was für Treulosigkeit und Undankbarkeit hast du an uns gesehen?“ Der Falke sagte: „Gibt es wohl größeren Undank? Die Menschen sind zu euch so freundlich und bereiten euch euer Essen, daß ihr, ohne euch abzumühen, euer Leben lang ausreichend habt, sie kümmern sich immer mit derselben Sorgfalt um euch [266]und beschützen euch, so daß ihr unter ihrem Schutz ruhig leben könnt. Wenn sie euch aber rufen, so flieht ihr und fliegt von Dach zu Dach. Wir Falken, die wir doch wilde Tiere sind, sind, wenn wir nur einige Tage mit den Menschen zusammen sind, dankbar und bringen ihnen die Beute, die wir gemacht haben, und wenn wir sehr weit von ihnen sind, fliegen wir auf einen Ton zu ihnen zurück.“ Der Hahn antwortete: „Du hast recht, aber euer Gehorsam und unser Ungehorsam kommt daher, daß ihr noch nie einen von euch in der Pfanne habt braten gesehen. Wir aber haben unsere Artgenossen am Roste braten gesehen. Wenn ihr das gesehen hättet, würdet auch ihr die Menschen meiden und, wenn wir von Dach zu Dach flüchten, würdet ihr von Berg zu Berg flüchten.“