Man ließ sie nicht lange in Ruhe plaudern. Eine junge Dame nach der andem kam heran und verrieth auf mehr oder minder feine Weise ihr Erstaunen darüber, daß der Vielumworbene, dem die Wahl unter Adler- und Schwanenjungfrauen freistand, sich mit einem Gänschen beschäftigen mochte.
Wie auf Verabredung ließen sie ihren Witz sprühen, daß es nur so prasselte. Die Funken stoben, fielen über manchen guten Namen her und vernichteten ihn.
Und der Prinz, ach, der Prinz stimmte ein. Er sah die Stirne seiner lieblichen Nachbarin sich verfinstern, aber er stimmte ein. Ja, er fand ein teuflisches Gefallen daran, jede geistreich vorgebrachte Bosheit zu überbieten. Es gelang ihm beispiellos. Der Genius der Verleumdung schien über ihn gekommen, und er brachte dessen grausamste Eingebungen mit unbändigem Uebermuthe vor. Seine Zuhörerinnen stutzten, kicherten, errötheten. Viele gaben sich Mühe, eine leise Schadenfreude zu verbergen; das waren die Pfiffigen, die Klugen, die hatten längst »so etwas« bemerkt. Einige fühlten Mitleid und Bedauern, Andere waren erstaunt.
Ein Zweifel an dem Schlechten, das er aussagte, stieg in Keiner auf, in keiner Einzigen.
Und doch! — in Einer doch — in der Lieblichen, die der Prinz, so lange er sprach, kaum anzusehen gewagt hatte. Sie erhob sich klopfenden Herzens, Thränen des Zornes standen in ihren Augen. —
»Von Allem, was Sie da behaupten,« sagte sie kühn und laut, »glaube ich nichts!«
»Nichts? ... von Allem nichts?« ... Er stieß einen Schrei aus, der an den Wänden des Saales widerhallte wie himmlische Musik, warf sich auf die Kniee vor seiner unmuthigen Gegnerin und umfaßte mit beiden Armen ihre zarte Gestalt.
»Du bist es!« rief er. »O Mutter — die ist's — die gab mir das Erkennungszeichen!«
Im selben Augenblick öffnete sich die Decke, und auf ihrem mit Feuervögeln bespannten Sonnenwagen kam die Märchenkönigin herbeigeflogen.
Vor ihrer blendenden Erscheinung senkten sich alle Augen, nur die des Brautpaares nicht. Der Prinz führte seiner Mutter die Erwählte zu, und die Königin küßte sie dreimal und sprach:
»Ich wußte wohl, daß es eine lange Trennung von meinem Sohne galt, als ich ihn zur Erde sandte, eine Gemahlin zu suchen, die an Verleumdung nicht glaubt. Sei mir gegrüßt, Du holde Seltenheit!«