Anfangs besiegt wirst du am Ende siegen.
Das Chor der Männer stimmte an:
Nein, keiner wird den Sieg von beiden haben,
Und beide werden schönen Sieg gewinnen,
Sie theilen ohne Neid die süßen Gaben,
Und jeder reißt des andern Geist von hinnen,
Sie kriegen nun, am Frieden sich zu laben,
Indessen sie auf neue Tücke sinnen,
Doch keiner hat des Friedens Ruh verschworen,
Aus Zwietracht wird die Eintracht hold geboren.
Nun vereinigten sich die verschiedenen Stimmen in einen einzigen Chor und sangen frohlockend:
Es streift die Liebe durch den Duft der Linden,
Der Glanz der Sterne küßt die Blum’ im Stillen,
Sehnsucht und Lieb’ des Himmels Räum’ erfüllen,
Innbrünst’ger Wunsch seufzt in den nächtgen Winden.
In einen Kuß müßt ihr all’ Sinne binden,
In einen durstgen Blick Begier und Willen,
Nun gilts nicht Seel’ und Leib mehr zu verhüllen,
Und wundersüße Gaben sollt ihr finden.
Ein süß Erstaunen fesselt Herz und Sinnen.
Die Liebe brennt in Augen, Lippen, Händen,
Die Küsse küssen sich, nicht mehr verschieden.
Ungleiche Waffen? Wer wird da gewinnen?
Der Sieg will sich nach keiner Seite wenden,
Sie sind im Kämpfen einger als im Frieden. —
Dergleichen Lieder wurden noch mehr gesungen. Melusina lag indessen beim Reymund und sagte zu ihm mit lieblicher Stimme: ich bin nun ganz die deinige, mein herzliebster Gemal und Freund, und muß mich in allen Dingen deinem Willen fügen, nur mußt du deinen Schwur, den du mir gethan, niemals brechen, sonst kommst du von Glück in Unglück, von Ehre in Elend. Reymund bestätigte ihr seine Treue noch einmal, worauf sie in dieser Nacht von ihm mit einem Sohne schwanger wurde, den sie nachher Uriens nannten.
Diese Hochzeit währte mit allen ihren Festlichkeiten zwei Wochen hindurch, nach welcher Zeit Melusina aus einem helfenbeinernen Schranke eine Menge kostbarer Kleinodien nahm und jedem der anwesenden Gäste ein herrliches Stück verehrte, vorzüglich aber dem Grafen und seiner Frau Mutter, auch die Dienerschaft wurde mit Geschenken bedacht, worauf sich denn alle Gäste wieder unter vielen Danksagungen entfernten. Auch der Graf Bertram und die Seinigen nahmen freundlichen Abschied, welche Reymund mit vielen von seinen Leuten zu Pferde begleitete. Der Graf hätte den Reymund gern nach dem Stande der Melusina gefragt, aber er furchte sich vor ihm, von wegen seiner neulichen Antwort; Reymund dankte ihnen nochmals für die erwiesene Ehre, beurlaubte sich mit aller Höflichkeit und ritt zurück.